Montag, 25. August 2025

Das Kölner Grundgesetz (1..4)

Das "Kölner Grundgesetz", eigentlich das Kölsche Grundgesetz, ist keine offizielle Gesetzessammlung, sondern eine Sammlung von elf kölschen Lebensweisheiten, die eine gelassene und humorvolle Grundhaltung gegenüber dem Leben und neuen Entwicklungen ausdrücken. Es besteht aus Sprüchen auf Kölsch, die die kölsche Mentalität und Kultur widerspiegeln.

Kölner Grundgesetz 1..4

Werfen wir einen Blick hinter die lustigen Aussagen und ergründen ihren philosophischen oder psychologischen Gehalt, insbesondere aber auch die Botschaften und die verschiedenen Seiten deren Interpretation.

Artikel 1: Et es wie et es.

In der heutigen Zeit wird oft von Gelassenheit gesprochen. Der Begriff bezieht sich darauf, etwas zu akzeptieren, eine Situation als unbeeinflussbar in Kauf zu nehmen. Man lässt sie zu, weil man sie nun mal nicht ändern kann.

Als Folge steckt man seine Energie nicht in Dinge, die nicht im eigenen Verantwortungsbereich liegen oder gar auf höhere Gewalt zurückzuführen sind. Behördliche Anordnungen trägt man mit Fassung, auch auf Wetter kann man sich nur bestmöglich einstellen.

Kehrseite der Medaille ist eine gewisse Lethargie. Wenn ich alles nur über mich ergehen lasse, fehlt jeglicher Antritt, etwas in Frage zu stellen oder gar ändern zu wollen. Damit ist die Einstellung „das ist nun mal so“ ein merklicher Hemmschuh bei jedem Änderungsimpuls.

Auch der Bequemlichkeit wird damit Vorschub geleistet. Wer selbst unsinnige Vorgaben klaglos erfüllt, holt sich keine blutige Nase, Verantwortung muss man so nicht übernehmen und die Komfortzone in keinem Moment verlassen.

Artikel 2: Et kütt wie et kütt.

Neben der Erkenntnis, dass alles „irgendwie“ weitergeht, steckt auch das Verständnis dahinter, dass man nicht wirklich in die Zukunft schauen kann. Es gibt sie und auch morgen geht die Sonne auf, aber alles andere kann man nur mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit erraten. Entsprechend kann man Enttäuschungen vermeiden, wenn man nur eine unklare Erwartung an die Zukunft hat.

Nennen wir es also mal Erwartungsmanagement, durch das wir uns auf einen realistisch beeinflussbaren Teil der zukünftigen Abläufe konzentrieren. Daneben steckt aber auch das Verständnis dahinter, dass jede Planung immer gewisse Risiken birgt. Man kann versuchen, durch geschickte Mechanismen zukünftig auftretende Pannen zu minimieren, aber am Ende ist oft doch ein anderer Weg durchlaufen worden, als man vorgesehen hat.

Treibt man Artikel 2 auf die Spitze, dann verzichtet man komplett auf jede Form der Planung. Sie scheint nicht sinnvoll, denn es kommt ja doch anders. Vorgänge einfach laufen zu lassen, Projekte sich selbst zu überlassen und überhaupt alles steuerungslos drauflos zu machen, scheint damit der richtige Weg.

Abgesehen davon, dass dieser Antritt sehr bequem und arbeitssparend ist, vermeidet er auch Verantwortung für Planung oder Fehlplanung. Was dann auch zur Folge hat, dass man nicht aus Planungsfehlern lernt. Optimierung Fehlanzeige.

Artikel 3: Et hätt noch emmer joot jejange.

Positiv in die Zukunft zu schauen ist eine gute Grundlage für optimistischen Fortschritt. Kein Platz für depressive oder auch nur skeptische Gedanken, denn am Ende wird erfahrungsgemäß doch alles zu einem guten Ende kommen.

Der Rückblick auf die bisherigen Vorgänge und die Einschätzung, dass diese gut gelaufen sind, ist dabei ein wichtiger Bestandteil. Denn der Begriff „immer“ impliziert, dass früher alles gut war, dass wir auf der Basis positiver Erinnerungen Vertrauen in die zukünftigen Abläufe haben dürfen.

Andererseits entbindet uns Artikel 3 auch von steuernden Eingriffen. Warum sollte ich irgendetwas machen, aktiv werden, für eine optimale Entwicklung sorgen, wenn es ja doch wie immer gut wird. Eine gewisse Lethargie und Bequemlichkeit der Lebensführung steckt also auch in diesem Artikel. 

Und es ist tendenziell ein Gegengewicht, wenn wir über Abweichung von Gewohnheiten nachdenken. Was gestern gut war, wird auch morgen funktionieren; Wieso also bewährte Abläufe ändern oder auch nur in Frage stellen?

Schließlich ist eine gesunde Skepsis oder Sorge ein wichtiger Treiber für Unfallverhütung. Wackelige Konstruktionen, murksige Abläufe oder fragwürdige Ansätze müssen durchdacht und korrigiert und verbessert werden. Auf ein gutes Ende zu hoffen, auch wenn die Qualität mangelhaft ist, dürfte keine gute Idee sein.

Artikel 4: Wat fott es, es fott.

Ich kenne viele Menschen, die gar nicht heute leben, sondern noch in der Vergangenheit gefangen sind. Sie denken an ihre ehemalige Arbeit, an ihre Jugend, ihre verlorene Sportlichkeit oder hadern mit dem Alterungsprozess ihres Körpers. Wie wohltuend ist es da, wenn man sich klar macht, dass man zwar mit dem Schicksal hadern kann, dass man in Erinnerungen schwelgen oder vergangenen Qualitäten oder Dingen hinterhertrauern kann; Dass es aber viel konstruktiver ist, loszulassen und nach vorne zu schauen.

In abgewandelter Form begegnen wir hier Artikel 1, der eine gewisse Gelassenheit fordert und im Schwerpunkt die Akzeptanz nicht beeinflussbarer Tatbestände erwartet. Ein verlorener Gegenstand ist weg, das lässt sich nach Suchen und Fundbüro nicht mehr ändern. Der jugendlich Teint, die damalige Sportlichkeit und Attraktivität sind irgendwann nicht mehr vorhanden.

Doch gerade diese zwar grundsätzlich vergänglichen Aspekte kann man natürlich schon ein wenig beeinflussen. Regelmäßigen Sport, Körperpflege und Beschäftigung mit der äußeren Erscheinung kann man sich unter Hinweis auf den Zahn der Zeit sparen. Und auch die Überführung der Flitterwochen in eine lebenslange Partnerschaft ist nicht notwendig, denn „Honeymoon is over“.

Abnehmende Liebe, die Einkehr vom Alltag in eine Beziehung oder auch in die Arbeit sind Veränderungen, gegen die man aktiv gegenhalten kann. Was allerdings ein mühsames Geschäft ist, das sich durch den Hinweis der Vergänglichkeit vermeiden lässt. Hier kann man sich dann auf Artikel 4 berufen und nüchtern feststellen, dass es nun mal weg ist.

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Montag, 11. August 2025

Volles Programm

Die Straßen leer, der Parkplatz voll.
Mit dem Reisekoffer vom Auto zum Zug. Noch erreicht zur regulären Abfahrtszeit.
Der Zug steht bereit, aber er fährt nicht.
Personen im Gleis, wie der Triebkopfführer uns wissen lässt.
Eine Stunde auf dem harten Sitz, Ungewissheit, wann der Zug abfährt.
Der Regionalexpress fährt vor uns ab. Wir warten immer noch.
Eine Frau weiter hinten wird nervös, schimpft und telefoniert lautstark.
Der Zug fährt los, aber er endet außerplanmäßig in Höchst.
Durch die herausquellenden Menschenmassen verpasse ich den Schienenersatzverkehr.
Der Folgebus kommt verspätet.
Wir fahren hinter einem Müllfahrzeug her und verspäten uns weiter.
An der Station Flughafen muss ich mir den Weg vom Bus zum Zug suchen, überraschend weite Strecke mit Koffer.
Der Zug kommt pünktlich an, muss dann aber auf einen Anschluss warten.
Ankunft am Ziel.
*
Volles Programm
*
Die Abfahrt meiner Rückfahrt ist laut App nur wenige Minuten verspätet.
Tatsächlich dann auf dem Bahnhof alle fünf Minuten Erhöhung der Verspätungsvorhersage.
Der Zug fährt ein, noch könnte ich am Umsteigebahnhof meinen Anschluss erreichen.
Die Klimaanlage im Wagen ist ausgefallen, ich ziehe um.
Am neuen Platz setzt sich ein Pärchen dazu und zeigt sich lautstark Tiktok-Videos.
Erneuter Platzwechsel führt zu kurzer Ruhe, bis gegenüber eine vierköpfige Familie Platz nimmt.
Die Verspätung überschreitet die Umstiegszeit, Neuplanung erforderlich.
Ausweichroute in überfülltem Zug, Stehplatz mit Koffer.
Zwischenstation erreicht, Anschluss fährt verspätet von anderem Gleis ab.
Die S-Bahn hat einen geänderten Fahrplan, pendelt nur noch auf der halben Strecke.
Wieder einen Sitzplatz ergattert, mein Nachbar entdeckt im Gewühl einen Freund und unterhält sich quer durch den Wagen mit ihm.
Klimaanlage auch hier außer Betrieb, menschliche Gerüche füllen die ohnehin schlechte Luft.
Türstörung, ich muss mit Koffer zum anderen Ende des Wagens.
Ausstieg und zum Auto. Nach Mäharbeiten hat das Fahrzeug einen feinen grünen Mantel.
*
Warum schaust du so genervt, will meine Frau wissen.

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Montag, 4. August 2025

Das Internet ist für uns alle Neuland

Es war 2013, unsere damalige Bundeskanzlerin gab den Satz „Das Internet ist für uns alle Neuland“ auf einer Pressekonferenz von sich und musste sich danach allerhand Spot gefallen lassen. Gewiss, zu diesem Zeitpunkt war die Idee eines weltweiten Datennetzes schon mehr als vier Jahrzehnte alt. Und seit immerhin zwanzig Jahren gab es in Deutschland diese Kommunikationstechnik für die breite Öffentlichkeit.

Und doch war ihre Aussage gar nicht so abwegig, wie sie von zahlreichen Journalisten dargestellt wurde. Schließlich kommt es ja nicht nur auf die Technik an, auch nicht auf ihre Verfügbarkeit, sondern vielmehr, wie weit sie sichtbar oder unsichtbar in unserem Alltag auftaucht. Oder anders formuliert, wie selbstverständlich wir sie empfinden oder in Überlegungen, Arbeitsabläufe oder Interaktionen einfließen lassen.

Für mich war das Internet auch Neuland, war ich doch mit Briefpapier, Telefonbüchern und gedruckten Katalogen groß geworden. Schnurgebundene Telefone mit Wählscheibe und von der Deutschen Bundespost zertifizierten Anschlusskabeln prägten mein Umfeld. Insofern war der Übergang von diesen Apparaten über Schnurlostelefone weiter zu Handys und schließlich zu Smartphones jeweils eine Umstellung, Umgewöhnung. Neuland eben.

Notgedrungen habe ich also immer dazulernen oder mein Wissen aktualisieren müssen. Niemand hat mich gefragt, ob ich den Wechsel mitgehen will. Vielmehr wird in der aktuellen Zeit völlig selbstverständlich nach E-Mail-Adresse und Handynummer gefragt, ein Internetzugang vorausgesetzt und der Umgang mit Apps erwartet.

Das Internet ist für uns alle Neuland
Aus dieser Innovations-Gewohnheit heraus ist auch das Eindringen von ChatGPT und Co für mich nur ein weiterer technischer Fortschritt, den ich in meinem Leben mitmachen muss. Und folglich finde ich es ganz normal, mich damit zu beschäftigen und die neuen Möglichkeiten in mein Leben, meine Überlegungen und Arbeitsabläufe zu integrieren.

Recht überrascht habe ich festgestellt, dass sich gerade junge Menschen, irreführend als „digital natives“ bezeichnet, hier deutlich schwerer tun. Zweifellos haben sie schon viel früher Kontakt mit allen Ausprägungen der Internetmöglichkeiten, nutzen Plattformen und haben Google mit der Muttermilch aufgesogen.

Aber was nicht von Anfang an da war – Beispiel ChatGPT – ist eben auch für diese jungen Personen Neuland. Dass man viele Recherchen nicht mehr mit klassischen Suchmaschinen betreibt oder bei Beratungsbedarf spontan an den öffentlichen Chatbot denkt: Das ist eine Grundhaltung, die sie sich erst mal aneignen müssen.

An genau diesem Punkt haben dann die älteren Menschen die Nase vorn, die in der Aktualisierungsbereitschaft und dem Erkunden von Neuland mehr Übung haben. Aus diesem Grund muss ich jungen Kollegen recht häufig die Frage stellen, ob sie dieses oder jenes Problem schon mal mit ChatGPT diskutiert oder sich Lösungen haben vorschlagen lassen.

Fazit: Gerade in der schnelllebigen Zeit müssen wir permanent Neuland betreten. Das gilt für alle und insofern hat es eine Verbindung zur Schule – auch dort wird im Wesentlichen Grundwissen mit langer Aktualitätsdauer vermittelt. Die eher flüchtigen Inhalte müssen wir uns den Rest unseres Lebens schon selbst aneignen.

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