Montag, 7. Juli 2025

Ich bin Kraftfahrzeug-Führer

In der etwas sperrigen Wortwahl deutscher Behörden werden die Lenker von Autos auch als Kraftfahrzeugführer bezeichnet. Langsam wird mir klar, dass sie damit den Nagel besser auf den Kopf treffen, als ich bislang gedacht habe. Ist man doch als Person auf dem Fahrersitz tatsächlich so etwas wie eine Führungskraft.

Durch das Lenkrad bestimmt man die Richtung, durch die Pedalerie und Gangschalthebel hat man Einfluss auf die Geschwindigkeit. Und als gute Führungskraft kommuniziert man seine Entscheidungen mit Hilfe des Blinkers auch seinen Partnern auf der Straße.

Ich bin Kraftfahrzeug-Führer
Neuerdings ist diese Führung allerdings um eine Hierarchieebene erweitert worden. Mit einem Spurhalte-Assistent und adaptiver Geschwindigkeitsregulierung übernimmt das Auto sowohl die Lenkbewegung als auch Beschleunigungs- und Bremsvorgänge. Ich muss gar nichts machen, ein kleines Motörchen dreht für mich das Lenkrad, ein Computer schaltet sich in die Datenübermittlung zwischen meinen Füßen und dem Motor- und Verzögerungsmanagement ein und für die Wahl des richtigen Ganges sorgt traditionell die Getriebeautomatik.

Was für eine schöne Welt, die einen Vorgeschmack auf autonomes Fahren ermöglicht. Doch leider funktioniert das Ganze in der Praxis eben doch nicht so ganz zuverlässig. Mal wird ein Verkehrsschild übersehen, verliert der Spurassistent seine Orientierung, dann wieder rollt das Fahrzeug in weiser Voraussicht schon viele Kilometer vor dem Kreisverkehr nur noch aus.

All dies geschieht ohne deutliche Warnung, verschwindet nur ein grünes Symbol aus dem Display, wechselt irgendein Bälkchen seine Farbe auf rot oder die Geschwindigkeit sinkt unerwartet ab. Da heißt es aufpassen, schließlich ist man ja die Führungskraft und muss sein Middlemanagement im Griff behalten. Sich darauf zu verlassen, dass der PKW die Kurve erkennt und unter Berücksichtigung der Fahrspur verzögert und lenkt, ist keine gute Idee.

Früher war ich der Herr des Autos, Lenkung im Uhrzeigersinn hieß rechts fahren, beherzter Tritt auf das rechte Pedal sorgte für Reaktion aus dem Maschinenraum und dem Versuch, schneller zu werden. Das ist heutzutage nur noch prinzipiell so. Die Bewegung des Lenkrades wird vom Spurhalteassistenten kontrolliert und je nach seiner Einschätzung widerspenstig gegengehalten. Ebenso verweigert mir der Antrieb erst mal den Gehorsam, wenn der Tempomat der Meinung ist, dass ich an dieser Stelle nicht schneller fahren sollte.

Die Erlangung der Fahrerlaubnis – kurz Führerschein – muss dringend renoviert werden. Lernte man früher etwas zu Stotterbremsen und Anfahren am Berg, muss man heute die Orchestrierung und das Management von Assistenzsystemen beigebracht bekommen. Und überhaupt ist der Führungsanspruch zwischen Oldtimern und aktuellen Modellen so groß, dass man im Grunde zwei verschiedene Fahrzeugklassen beherrschen können muss.

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