Montag, 27. Juni 2022

Ich bin hässlich

Wenn ich so vor dem Spiegel stehe wird mir immer wieder bewusst, wie viele äußere Mängel ein Mensch haben kann. Da sind die Beine zu lang, der Bauch zu dick, der Po zu breit, der Busen zu klein, die Haare zu dünn, die Nase leicht schief, die Augen zu eng, der Bizeps zu schlaff und was es sonst noch so an Bemängelns werten Ausprägungen gibt.

Ich will nicht bezweifeln, dass es sehr hübsche und ausgesprochen hässliche Menschen gibt. Es spricht auch nichts dagegen, ein wenig an sich und der körperlichen Schönheit zu arbeiten.

Aber jenseits dieser behutsamen Optimierung hört der Spaß auf. Manches ist einfach so, das muss man akzeptieren. Wer von der Natur ein breites Becken mitbekommen hat, der tut gut daran, sich damit abzufinden. Und ob bei einer Frau die Oberweite groß oder klein sein muss, nun, das ist einerseits modeabhängig und andererseits Geschmacksache.

Wenn man nur genau genug hinschaut, findet man ja in jedem Fall irgendein Detail, das nicht dem (eigenen) Ideal entspricht. Selbst außergewöhnlich attraktive Menschen haben noch etwas an sich auszusetzen. Und stellen die Bearbeitung dieses identifizierten Defizits für sich in den Mittelpunkt der Handlung.

Ganzheitlich betrachtet gehört neben der Bildung und dem Intellekt auch die äußere Erscheinung mit zur Außenwirkung. Aber eben nur als ein Aspekt unter mehreren. Wird dieser Punkt überbewertet, dann erfolgt meist auch das Urteil durch die Mitmenschen auf dieser Basis und führt zu der von manchen Models entrüstet vorgebrachten Aussage, blond wäre nicht automatisch doof.

Ich halte für mich fest, dass es sich mit der Schönheit verhält wie mit dem Reichtum. Es gibt nur einen reichsten Menschen und schon der zweite ist zwar immer noch unermesslich wohlhabend, aber er ist gegenüber der Nummer eins ein Verlierer. In diesem Sinne sind wir also alle – bis auf eine einzige noch zu definierende Ausnahme – hässlich.

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Montag, 20. Juni 2022

Vorgeschichte und Vorurteil

Ich fahre beim Supermarkt vor, der Parkplatz ist voll, und dieser asoziale Idiot hat mit seinem dicken Schlitten gleich zwei Stellplätze belegt. Das ist ja mal wieder typisch, je größer die Autos, desto kleiner das Hirn oder die Rücksichtnahme auf andere Verkehrsteilnehmer. Wenn der Typ sich hier blicken lässt, dann werde ich ihm mal gehörig die Meinung sagen.
Die Sache ist klar, das Urteil ebenfalls. Nur – bei genauerer Betrachtung darf ich eigentlich nur die offensichtlichen Fakten beurteilen, die begleitende Geschichte entsteht nur in meinem Kopf. Wie sich nämlich herausstellt ist der Fahrer eine Frau, neben dem von ihr besetzten Parkplatz befand sich auf der einen Seite ein zu weit seitlich geparktes Auto und auf der anderen Seite kämpfte sich eine junge Frau mit Kind und Kinderwagen in ihr Fahrzeug. Von Rücksichtslosigkeit kann also keine Rede sein. Mein Urteil ist damit ein Vor-Urteil, die vermeintliche Entstehungsgeschichte eine komplette Fehleinschätzung.

Und so geht es weiter, ständig lege ich an irgendwelche Beobachtungen eine Messlatte an und kann dann sagen, was gut oder schlecht ist. Was ein Mitmensch falsch gemacht hat. Bedauerlicherweise fehlt die innere Bremse, das „Moment mal!“ oder grundsätzlich der kritische Umgang mit dem Richter in mir. 

Ein Hund aus dem Tierheim? Kommt nicht in Frage, wer weiß, was der schon alles erlebt hat. Ob er als Welpe geschlagen wurde, schlechte Erfahrungen gemacht hat. Die man möglicherweise zunächst gar nicht erkennen kann und die nur in ganz bestimmten Situationen ans Tageslicht kommen. Was zum Beispiel, wenn er ausrastet, sobald er einen bärtigen Mann mit Brille sieht (weil der ihn immer gequält hat)?
Ich weiß es natürlich auch nicht, aber gehe ich so nicht nur bei der Hundeauswahl, sondern auch bei der Partnersuche vor? Frage ich das Mädchen neben mir, ob es eine schwere Kindheit hatte und immer von einem Glatzkopf gehänselt wurde?

Wir kennen – das ist die Botschaft – nie alle Aspekte und in den wenigsten Fällen die komplette Vorgeschichte. Obacht also, bevor wir ein hartes Urteil sprechen. Denn weder sind wir alle geborene Richter, noch wird zu jeder Aussage im Vorfeld mit Zeugenbefragung verhandelt. Vielmehr gestaltet sich der Alltag mit Situationen, in denen wir uns positionieren, ohne ein „gerechtes“ Urteil sprechen zu können.

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Montag, 13. Juni 2022

Die besondere Romantik des Krieges

Angesichts der Schrecken, die aus meiner Sicht alle Kampfhandlungen dieser Welt über unzählbar viele Menschen bringen, frage ich mich immer wieder, was daran romantisch sein könnte. Da höre ich Soldatenlieder und lese von kühnen und tapferen Kriegern. Tapferkeit, das habe ich nachgeschlagen, setzt Leidensfähigkeit voraus und ist meist mit dem Glauben an höhere Werte verbunden. Also der Überzeugung, zum Beispiel etwas für sein Vaterland, seine Religion zu tun oder für eine gute Sache zu agieren.

Bis dahin, naja, das kann man vielleicht so sehen. Zweifellos eine eigentümliche Sicht der Dinge, der sich durchaus nicht alle Menschen anschließen. Und an diesem Punkt wird es – wie stets beim Aufdrücken einer Meinung – ziemlich abwegig. Gruppieren wir doch mal die verschiedenen Fraktionen.

Da sind zunächst mal die, die sich wirklich für irgendwelche höheren Werte begeistern und von innen heraus dafür eintreten. Im Kern wollen sie etwas erreichen, ihre religiöse Überzeugung weitergeben oder ihre Kultur mit anderen Menschen teilen. Dies in den seltensten Fälle auf der Basis von Freiwilligkeit und Überzeugung, sondern durch Macht und Gewalt.

Direkt dahinter die deutlich größere Anzahl von Menschen, die sich für die höheren Werte begeistern lassen. Die also mitmachen, mitplappern und die Gedanken der Rädelsführer übernehmen. Sie laufen mit, eifern ihren Führern nach und übertreffen diese oft sogar in der Ausgestaltung im Sinne vorauseilenden Gehorsams. Wirklich eigene Argumentationslinien sind hier nicht anzutreffen, und die in den Logiken verwobenen Aspekte sind austauschbar. Heute gegen Atomkraft, morgen für Klimawandel. Oder eben für den Krieg gegen Nachbarstaaten.

Drittens dann diejenigen, die zum Mitmachen überredet oder gezwungen werden. Ein Grundgedanke oder höheres Ziel ist ihnen nicht zu eigen, aber sie ergeben sich dem Druck der Führer und deren Helfer. Im Krieg werden Männer unter Androhung von Strafen eingezogen, in Friedenszeiten mit sozialem Druck zu irgendwelchen Unterschriften oder Handlungen bewegt.

Ein deutlich geringerer Anteil der Bevölkerung macht nicht mit. Sie widersetzen sich, leben mehr oder weniger offene Opposition und nehmen dafür Strafen von der Ächtung bis zum Tode in Kauf. Je nach Geschick können sie sich der Sache entziehen, aber zweifellos ist es eine gefährliche Entscheidung.

Schließlich dann noch die Menschen, die aktiv dagegen halten. Die öffentlich ihre Stimme als Gegendarstellung zur großen Meinung erheben und versuchen, der Welle zu begegnen. Zur Erreichung ihres Zieles greifen sie sogar zu aggressiven Maßnahmen und schrecken im Extremfall auch vor Anschlägen nicht zurück.

Wo sind nun – um zum Anfang der Überlegungen zurückzukehren – die tapferen Menschen zu finden? Ganz sicher sind es nicht die wenigen Anführer und Vordenker. Es sind auch nur bedingt die Mitläufer; Diese Fanatiker sind blind für die von ihnen verursachten Schäden und ebenso blind für die eigenen Nachteile. Weder das Niedermetzeln von anderen Lebewesen noch der heldenhafte Selbstmord in einer Schlacht haben etwas mit Tapferkeit zu tun. Die Hineingezerrten sind es aber auch nicht. Sie werden vielmehr einer speziellen Form der Folter unterzogen, Leidensfähigkeit bis zum Tod wird von ihnen verlangt, eine Motivation für diese Art der Quälerei bleibt jedoch aus.

Tapfer und mit dem größten Mut ausgestattet ist die Opposition. Wie beschwerlich ist deren Weg, wie gefährlich der Aufstand dieser meist eher kleinen Gruppe. Wenn es also einen Grund gibt, die vermeintliche Romantik des Krieges zu besingen, dann müssten wir die Lieder und Balladen auf eben diese tapferen Frauen und Männer dichten.

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Montag, 6. Juni 2022

Pfingstmontag – Krieg oder Frieden?

Da gibt es diesen hohen Feiertag, den Christen in aller Welt begehen: Pfingsten. Gefeiert wird dieses Fest, weil der Geist Gottes zu den Jüngern Jesu entsandt wurde. Es ist lohnenswert, sich diesen Vorgang etwas genauer und ohne Vorurteile anzusehen. Wie zu Ostern geschrieben („Die kleine Kreuzigung (Karfreitag)“) ist die Ära Jesu zu Ende. Ob er tatsächlich am Kreuz gestorben ist oder dieser Tod nur sinnbildlich zu verstehen ist, spielt keine Rolle.

Nach seinem Tod kam dann eine neue Phase der Verbreitung, heute würde man vielleicht von Mission und Marketing für das Produkt Christentum sprechen. Ein Element hierbei ist der Transport des Gedankens durch Vertriebsmitarbeiter, seinerzeit als Jünger bezeichnet. Und damit diese auch wirklich von innen heraus die Überlegungen vertreten, werden sie auf das Gedankengut noch einmal eingeschworen (moderne Formulierung: Briefing). Bildlich wird dies dargestellt, indem der Geist Gottes zu den Jüngern kommt.

Eine Beeinflussung der Gedanken, des Geistes, im Sinne intensiver Arbeit an der Denkstruktur. Negativ formuliert wäre der Begriff der Gehirnwäsche zutreffend. Jedenfalls ziehen die Apostel los und verkünden ihre Botschaft. Wobei es eigentlich gar nicht ihre eigene Botschaft ist, sondern die von einer übergeordneten Instanz (Gott) eingegebenen Worte.

Nun erleben wir auch in der heutigen Zeit, also viele Jahrhunderte später, die Auswirkungen dieses heiligen Geistes, der sich quer durch viele Gesellschaften zieht. Da gab und gibt es Solidarisierung und Zusammenkünfte von Menschen, die aus den unterschiedlichsten Gründen den Christlichen Glauben vertreten. Eine sehr schöne und friedliche Folge der ursprünglichen Vorgänge zu Pfingsten.

Wir erleben aber auch – leider – die Kehrseite in Form von Glaubenskriegen, Hass und Unversöhnlichkeit. Da wird die eigene Überzeugung mit Zwang und Gewalt bis zur Ermordung ausgelebt. Wobei es eigentlich gar nicht die eigene Überzeugung ist, sondern die von anderen Christen eingegebenen Worte.
Es scheint wie mit der Atomkraft. Man kann sie für friedliche Zwecke verwenden, Forschung betreiben und der Menschheit viel Gutes tun. Aber eben auch unbeschreibliches Leid damit verbreiten und ganze Bevölkerungen umbringen.