Sobald zwei Menschen oder mehr zusammen sind - erst recht bei größeren Ansammlungen - ist es schwierig, sie auf denselben Wissensstand zu bringen. Zunächst ist grundsätzlich unmöglich, sich in gleicher Tiefe auszutauschen, da wir Individuen sind und über unterschiedliche Erfahrungen, unterschiedliches Grundwissen und verschiedene Intelligenz verfügen. Aber selbst die gleichmäßige Verteilung von Informationen ist ein bislang ungelöstes Problemfeld. Wer muss was wissen, wer darf etwas wissen, wer darf etwas nicht wissen. "Need-to-know" nennen das die Datenschützer und meinen, sie hätten die Schwierigkeiten damit gelöst.
Aber so einfach ist das nicht. Die für die Arbeit notwendige Informationsmenge variiert nämlich erheblich. Ob ein Sachbearbeiter nur gemäß Vorgaben agiert oder bei seinen Fällen auch zusätzliche Details berücksichtigt, ist neben seinem Charakter auch eine Frage des Spielraumes. Niemand wird in Frage stellen, dass eine Unterversorgung an Daten die Qualität verschlechtert, auf der Basis mangelhafter Informationen ist keine valide Entscheidung zu treffen.
Aber auch das Gegenteil, also die Überversorgung verringert die Qualität. Das kann daran liegen, dass die Informationen nicht konsistent sind, sich also unterscheiden oder gar widersprechen. Es kann aber auch die schiere Quantität sein, aus der nach individuellen Relevanzkriterien der entscheidende Teil herauskristallisiert werden muss. Im Datalake zu fischen ist je nach Größe des Sees und Ausführung der Angel ein mühsames und aufwandsintensives Unterfangen.
Und jetzt kommt Microsoft Teams. Ein Tool, in dem alle Informationen drin sind, alle Dateien, Zeichnungen, Termine, Telefonnummern und Chatnachrichten. Kein Datalake, aber ein Data-Planschbecken. Fröhlich springen die Fortschrittsbegeisterten hinein, hier und da spritzen Fontänen von Wissen hervor, man findet irgendeine Information und kann sich auf dieser Basis weiterhangeln. Ein Zusammenhang ist grundsätzlich herzustellen, eine Struktur scheint sich auf den ersten Blick ausbilden zu können.
Aber was wäre ein kleiner Datensee ohne Wellengang? Bei Ergänzung eines Stroms im Kanal wird der Beitrag vom ursprünglichen auf das aktuelle Datum verschoben, das visuelle Gedächtnis damit erfolgreich ausgehebelt. Und da zu jedem Gespräch ein neuer Chat aufgemacht wird, ist nicht nur die Anzahl der abgelegten Dateien zu überblicken, sondern auch in Erinnerung zu behalten, in welchem Zusammenhang wer was geschrieben haben könnte.
Haben sich viele Büroarbeiter vor einiger Zeit noch über die Flut an E-Mails beschwert, erinnern sie sich jetzt wehmütig an die Zeiten, als dies der einzige und zudem recht gut strukturierbare Eingangskanal war. Etwa so, als ob man sich ehedem über die verlorene Schwimmnudel im Nichtschwimmerbecken ereifert hat, um nun festzustellen, dass man im Schwimmerbecken den Boden unter den Füßen verloren hat.
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