Montag, 25. Oktober 2021

Das ist gut fürs Ego

Immer wenn ich ein wenig niedergeschlagen bin, hilft ein Blick in meine private Mailbox.

Zur Erklärung muss ich noch verraten, dass ich nicht nur eine Mailbox habe, sondern neben der bekannten Adresse noch eine eher kryptische, die ich immer angebe, wenn ich mir unsicher bin, ob ich der Gegenseite vertrauen kann.

Also, diese (nennen wir es mal) Köderadresse, die ist immer ein Quell der Heiterkeit. Natürlich sammeln sich über die Zeit hier allerlei nicht angeforderte E-Mails an. Und da kann ich Sachen kaufen, die man normalerweise nicht im Laden bekommt. Ich erfreue mich am Angebot für Brustvergrößerungen, weiß die Gewinnmitteilungen einer mir bis dato unbekannten Lotterie zu schätzen und würde natürlich auch mein Online-Passwort für das Girokonto prüfen lassen, wenn es mir nur gerade einfiele.

Das Beste sind aber die lieben Zeilen, die mich zu einem intimen Erlebnis einladen, begehrenswerte Frauen, die sehnsüchtig auf mich warten. Auf mich, diesen Nerd mit der Lizenz zum Klugschnacken, den Hobbypsychologen und Freizeitautor. Das tut meinem Ego schon gut, auch wenn ich meine Zweifel habe, ob diese Verlockung nicht vielleicht auch anderen Männern zu Teil wird. Kurzum, man kann den Spamordner auch genießen, sich von den Wundern des Marktes berieseln lassen und daran erfreuen.

Nur zwei Dinge, ganz ehrlich, die wundern mich ja doch. Einerseits frage ich mich nach der Lektüre einiger Dutzend solcher Briefe, welche Menschen denn auf diese plumpen Versuche hereinfallen. Es muss sie ja geben, denn ohne eine gewisse Erfolgsaussicht würde dieser Spam doch irgendwann aufhören. Und zweitens wundere ich mich über die Wellen, in denen diese E-Mails in mein Postfach fluten. Ist monatelang Pause und fast scheinen die Empfänger den Spaß an mir verloren zu haben, dann bricht es plötzlich wieder mit voller Gewalt herein, ganz ohne mein Zutun.

Zum Schluss wird aber alles gut, denn wenn es mir gar zu bunt wird, schiebe ich kurzerhand alles in den Papierkorb und mache auch noch die Ecken sauber: Weg mit den unangeforderten Newslettern. Nur gut, dass es nur meine Köderbox ist, sonst wären diese Schreiben eine echte Quälerei.

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Montag, 18. Oktober 2021

Unsere Rudelführer

Ich habe mich immer gefragt, warum es in Hierarchien eine Trennlinie zwischen Teamleitern und der nächsthöheren Stufe gibt. In der Praxis prägen sich hier einfach andere Charaktere aus, „unterhalb“ ist die Mannschaft, „oberhalb“ das Management.

Aber dieser Tage ist bei mir der Groschen gefallen. Viele meiner Nachbarn haben sich in der Coronazeit einen Hund zugelegt, der natürlich seine tägliche Runde gehen muss. Nun sind Hunde – allseits bekannt – zum Teil sehr intelligente Tiere und sie gehen ihrem Willen nach, betrachten mal diese Stelle, beschnuppern mal jenen Stein. Und machen dabei dem unbedarften Herrchen klar, dass sie nicht gewillt sind, dem vorgesehenen Weg zu folgen. Ganz anders bei den routinierten Hundeführern, die ohne Gewaltanwendung dafür sorgen, dass die Vierbeiner den geplanten Weg ohne Widerstand und Aufenthalte verfolgen. Und was der geplante Weg ist: Das muss der Führer gar nicht bestimmen, das kann ihm ein Dritter sagen.

Um das Bild aufzugreifen, ist es im Unternehmen also notwendig, die Mannschaft zu führen. Sie soll ja nicht jedem interessant erscheinenden Seitenweg folgen, sondern zusammenhalten und ein Ziel verfolgen. Genau das, und nur das, ist die Aufgabe eines Teamleiters. Wo dieses Ziel liegt, wie also die Strategie aussieht, das muss er zwar wissen, aber er muss es nicht festlegen und schon gar nicht verantworten. Das, und wiederum nur das, ist die Aufgabe der nächsten Führungsschicht. Diese muss nicht für den Zusammenhalt der Mitarbeiter sorgen, nicht festlegen, wie die Kommunikation läuft und selbst die Motivation ist nicht in ihrem Berit zu suchen.

Und damit ist klar, dass für jede dieser drei Ebenen (Umsetzung, Führung, Strategie) bestimmte Aufgaben im Mittelpunkt stehen und dafür psychologisch gesehen unterschiedliche Typen erforderlich sind. Abgeleitet ist damit das „Hocharbeiten“ unsinnig, ein guter Umsetzer ist im Allgemeinen ungeeignet für die Führung oder die Festlegung einer Strategie. Aber eben auch in der anderen Richtung wird man von einem Vorstand nicht erwarten können, dass er Fachspezialist ist, nein, er muss der oberste Stratege sein. Weiterhin leitet sich ab, dass es ein falscher Ansatz ist, Karriere oder Weiterentwicklung nur durch Aufstieg in die nächste Hierarchie-Ebene und damit erhöhter Vergütung anzubieten. Die drei genannten Stufen sind nämlich grundsätzlich gleichberechtigt, einzige Differenzierung ist die Qualität der geleisteten Arbeit.

Wie bei Matrixstrukturen üblich, gibt es auch hier horizontale Zulieferungen, nämlich die Berater. Sie unterstützen sowohl die Umsetzer als auch die Führungskräfte und die Strategen, geben fachlich-inhaltliche, organisatorische oder strategische Empfehlungen und Impulse. Zurückkommend auf das Bild von den Hundetrainern, geht es also um das Eingehen und das gekonnte Mitnehmen der Hunde, die Unterstützung der Führer oder die Überlegung, wohin sich das Rudel bewegen soll.

[Auch schön siehe: Original Hackordnung

Montag, 11. Oktober 2021

Ein bisschen müde

Es herbstet draußen im Garten und nicht allein die Blätter wechseln die Farbe, auch die Sommerblumen wirken nicht mehr so strahlend, fast glaube ich, sie stellen ihr Wachstum und die Produktion von Blüten ein.

Wolkenverhangener Tag, der Regen bleibt zwar aus, die Luft ist aber feucht und ich friere trotz Übergangsjacke beim Verlassen des Hauses, obwohl es noch recht mild ist.

Ich sitze am Schreibtisch im heimischen Arbeitszimmer und lese E-Mails, fülle Formulare aus und telefoniere mit Kolleginnen oder Kollegen, aber insgesamt will heute einfach nicht so die gute Laune aufkommen.

Der Vormittag geht rum, eine Teambesprechung, eine Handvoll Nachrichten, ich fühle mich ein bisschen müde, dabei habe ich ausreichend geschlafen und auch schon ein gutes Frühstück mit Kaffee gehabt.

Die Gespräche laufen recht zäh, und dann wird mir klar, dass die Anderen auch müde sind, meine Mitmenschen sind so wetterfühlig wie ich und kommen auch nicht so recht in Schwung.

Jetzt hat Nieselregen eingesetzt, es scheint eben doch schlechtes Wetter zu geben, dabei war ich als Kind doch auch draußen und wir haben uns mit Gummistiefeln und Poncho ausgestattet gar nicht daran gestört, dass wir nass wurden.

Gerade die Herbsturlaube mit ihren Wanderungen in tropfenden Wäldern waren ein Erlebnis, dampfende Wiesen, wenn zwischendurch mal die Sonne herauskam und der Duft nach Pilzen im modrigen Boden.

Doch ich sitze vor dem Computer, meine Gedanken schweifen ab und die Konzentration auf die zu bearbeitenden Inhalte fällt mir schwerer als sonst, ich bin ein bisschen müde.

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Montag, 4. Oktober 2021

Das lass mal meine Sorge sein

Genau! Meine Sorgen gehören mir, und die will ich weder teilen noch von anderen abgenommen bekommen. 
Sorgen sind nämlich so individuell wie die Menschen. Es gibt bestimmte Sorgen, die nur ein Teil der Menschen haben können, zum Beispiel weil sie geschlechtsspezifisch sind: Nur Männer müssen sich Gedanken wegen Prostatakrebs machen. Oder weil man ein gewisses Problem nur in einer bestimmte Situation haben kann: Single haben keine Angst davor, verlassen zu werden oder dass der Partner sie schlägt.

Kurzum: Es ist erst eine sehr individuelle Mischung, ähnlich einem technischen Spektrum. Da gibt es eine Art Grundrauschen als Angst vor dem Tod, deutliche Ausschläge bei weit verbreiteten Sorgen wie Gesundheit, Partnerschaft, finanzielle Situation. Und dann noch viele kleine Nöte, die nur bestimmten Personen oder Gruppen vorbehalten sind. Ich denke an die Angst vor einer Prüfung, einer politischen Abstimmung und so weiter.

Stellt man sich also das Spektrum der Sorgen mal vor, dann kann man es noch normieren, also die Frage stellen, wie lebensrelevant die einzelnen Punkte, aber auch die gesamte Mischung sind. Man schätzt ein, wie stark man von der Vielzahl der kleinen und großen Ängste beeinflusst wird, das Leben danach ausrichtet, ausrichten muss oder vielleicht auch nur den Eindruck hat, das Leben danach ausrichten zu müssen.

Und an dieser Stelle beginnt dann die Steuerung, das innere Management, der Umgang mit dem Seelenleben. So könnte man die Sorgen erst einmal einteilen in von mir beeinflussbare und in von außen vorgegebene Punkte. Sterben werden wir alle, aber körperliche Fitness kann man trainieren. Gibt es also Maßnahmen, um die Auslöser der beeinflussbaren Ängste auszuschalten?

Sind sie nun mal vorhanden, dann stellt sich im zweiten Schritt die Frage, wie ich damit umgehe. Ein besonders mächtiges Werkzeug ist die Neubewertung. Jeder kennt die Ängste, die einem in der Nacht den Schlaf rauben und die am nächsten Tag nur noch als leiser Nachhall ein paar Gedanken wert sind. Wir haben „drüber geschlafen“ und sie verarbeitet. Der Angst vor dem Verlust eines geliebten Menschen kann sich ins Dramatische steigern, aber man kann ihn auch als Teil des Lebens akzeptieren und Wege suchen, mit dieser geänderten Situation umzugehen.

So individuell unsere Sorgen also sind, so wenig gibt es Patentrezepte, wie man bestmöglich mit ihnen lebt. Aber es ist wichtig, sich nicht von ihnen überrollen zu lassen. Meist ist es schon hilfreich, sie für sich zu sortieren und mit der Bearbeitung bei den Quick-wins zu beginnen, also den Ängsten, die man selbst mit kleinem Aufwand minimieren kann. Die ganz großen Themen lassen wir erst mal außen vor oder vertagen sie auf nach unserem Tod.

[Ausblick: Im Mittwochsblog mit Interdisziplinären Gedanken diese Woche: "Sorgen à la Gartner"]

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