Montag, 4. Oktober 2021

Das lass mal meine Sorge sein

Genau! Meine Sorgen gehören mir, und die will ich weder teilen noch von anderen abgenommen bekommen. 
Sorgen sind nämlich so individuell wie die Menschen. Es gibt bestimmte Sorgen, die nur ein Teil der Menschen haben können, zum Beispiel weil sie geschlechtsspezifisch sind: Nur Männer müssen sich Gedanken wegen Prostatakrebs machen. Oder weil man ein gewisses Problem nur in einer bestimmte Situation haben kann: Single haben keine Angst davor, verlassen zu werden oder dass der Partner sie schlägt.

Kurzum: Es ist erst eine sehr individuelle Mischung, ähnlich einem technischen Spektrum. Da gibt es eine Art Grundrauschen als Angst vor dem Tod, deutliche Ausschläge bei weit verbreiteten Sorgen wie Gesundheit, Partnerschaft, finanzielle Situation. Und dann noch viele kleine Nöte, die nur bestimmten Personen oder Gruppen vorbehalten sind. Ich denke an die Angst vor einer Prüfung, einer politischen Abstimmung und so weiter.

Stellt man sich also das Spektrum der Sorgen mal vor, dann kann man es noch normieren, also die Frage stellen, wie lebensrelevant die einzelnen Punkte, aber auch die gesamte Mischung sind. Man schätzt ein, wie stark man von der Vielzahl der kleinen und großen Ängste beeinflusst wird, das Leben danach ausrichtet, ausrichten muss oder vielleicht auch nur den Eindruck hat, das Leben danach ausrichten zu müssen.

Und an dieser Stelle beginnt dann die Steuerung, das innere Management, der Umgang mit dem Seelenleben. So könnte man die Sorgen erst einmal einteilen in von mir beeinflussbare und in von außen vorgegebene Punkte. Sterben werden wir alle, aber körperliche Fitness kann man trainieren. Gibt es also Maßnahmen, um die Auslöser der beeinflussbaren Ängste auszuschalten?

Sind sie nun mal vorhanden, dann stellt sich im zweiten Schritt die Frage, wie ich damit umgehe. Ein besonders mächtiges Werkzeug ist die Neubewertung. Jeder kennt die Ängste, die einem in der Nacht den Schlaf rauben und die am nächsten Tag nur noch als leiser Nachhall ein paar Gedanken wert sind. Wir haben „drüber geschlafen“ und sie verarbeitet. Der Angst vor dem Verlust eines geliebten Menschen kann sich ins Dramatische steigern, aber man kann ihn auch als Teil des Lebens akzeptieren und Wege suchen, mit dieser geänderten Situation umzugehen.

So individuell unsere Sorgen also sind, so wenig gibt es Patentrezepte, wie man bestmöglich mit ihnen lebt. Aber es ist wichtig, sich nicht von ihnen überrollen zu lassen. Meist ist es schon hilfreich, sie für sich zu sortieren und mit der Bearbeitung bei den Quick-wins zu beginnen, also den Ängsten, die man selbst mit kleinem Aufwand minimieren kann. Die ganz großen Themen lassen wir erst mal außen vor oder vertagen sie auf nach unserem Tod.

[Ausblick: Im Mittwochsblog mit Interdisziplinären Gedanken diese Woche: "Sorgen à la Gartner"]

Andere Blogs: Interdisziplinäre GedankenFeingeistiges] 

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