Vor gar nicht so langer Zeit waren die Menschen auf ihren eigenen Körper angewiesen, wenn sie von einem Ort zu einem anderen wollten. Die zwei Beine trugen problemlos bis zum Nachbarort, zu seltenen Gelegenheiten dann auch mal zur Kirchweih in die nächste Stadt. Aber die Reichweite war sehr begrenzt und wer Probleme mit Füßen oder Beinen hatte, der musste zu Hause bleiben.
Ein Pferd oder ähnliche Möglichkeiten, diese Reichweite zu vergrößern war einigen wenigen vorbehalten. Entsprechend war die Erfindung der Kutsche ein sensationeller Schritt in Richtung Mobilität. Zwar waren auch diese Transportmittel für normale Menschen kaum bezahlbar, aber sie boten einen Quantensprung in Sachen Entfernung.
So weit, wie ein Pferdegespann an einem Tag ziehen konnte, war man jetzt mobil. Ab Einbruch der Dunkelheit musste man einen Gasthof ansteuern und dort bis zum nächsten Tag pausieren. Nicht nur die Fahrgäste, auch der Kutscher und erst recht die Pferde brauchten eine Unterbrechung der Fahrt. Gestärkt konnte es im Morgengrauen weitergehen.
Der nächste Schritt war die Einführung von Relaisstationen. Hier wartete ein ausgeruhtes Paar Pferde, vielleicht ein ausgeschlafener Kutscher, bei Bedarf auch eine intakte Kutsche. Die Reisenden mussten nur kurz auf das Umspannen warten, eventuell mussten sie umsteigen. Aber ohne ernst zu nehmende Unterbrechung ging es weiter.
Und dann gab es einen großen Schritt in der Entwicklung. Man baute Automobile, Fahrzeuge, die mit einem Kraftstoff betankt wurden. Keine erzwungene Übernachtung, kein Umsteigen, lediglich seltenes Nachfüllen von Benzin waren erforderlich. Die Reichweite nahm für damalige Verhältnisse beeindruckende Größenordnungen an. Einziges Limit war die Verfügbarkeit von Tankstellen, die Haltbarkeit des Fahrzeugs und das Durchhaltevermögen des Fahrers.
Über Jahrzehnte hinweg blieb die Weiterentwicklung an dieser Stelle stehen. Zwar wurden die Autos robuster, die Bedienung einfacher und die Dichte des Tankstellennetzes nahm zu. Aber grundsätzlich gab es keinen spektakulären Fortschritt. Doch dann kam das Elektroauto. War es anfangs ein Exot wie die damaligen Postkutschen, schuf es sich schnell einen eigenen Raum und Benutzerkreis. Stromtankstellen waren Mangelware, die Reichweite gegenüber den gewohnten Werten erschreckend gering und die Ladezeiten beachtlich.
Doch das schreckte die tapferen Pioniere nicht. Mehr Geld auszugeben für ein Produkt, das deutlichen Komfortverlust, massiv ausgedehnte Vorplanung von Reisen und eine Erhöhung der Unsicherheit bei der Reisedurchführung mit sich brachte, war kein Thema. Wie zu Zeiten der Kutschen waren nun wieder Relaisstationen (E-Ladesäulen), erzwungene Pausen oder gar Übernachtungen und schlimmstenfalls das Liegenbleiben mit leerer Batterie (erschöpften Pferden) wieder in den Alltag gerückt.
Ohne die positiven Aspekte in Frage stellen zu wollen und unter Berücksichtigung der durchaus sinnvollen Anwendungsfälle haben wir es zumindest im Sinne einer allgemeingültigen Lösung eher mit einem Rückschritt als mit einem Fortschritt zu tun. Oder wie es im Kabarett einmal hieß: "Es geht vorwärts, aber nur im Kreise".
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