Montag, 5. Mai 2025

Wie schön, das zu hören

Der Saal ist recht voll, alles gepflegte Zuhörer im mittleren Alter. Die Bühne noch leer, aber man kann schon mit gemütlichem Sessel, Barhocker, einem Mikrofon und einem aufgeklappten Konzertflügel erahnen, wie der Abend gestaltet sein wird. Ein schönes Setting, bestimmt interessante, kurzweilige und lustige Momente in den nächsten Stunden.

Die Eintrittskarte habe ich schon vor vielen Wochen gekauft, tatsächlich ist der Platz ziemlich gut und im Grunde kommt es auch mehr auf die Akustik an. In der Zeitung war ein kleiner Artikel, die Ankündigung dieses Events mit Beschreibungstext und einem kleinen Bild.

Jetzt geht es los, der Künstler betritt die Bühne, wird beklatscht und erzählt sich da vorne langsam warm. Ein kurzes Intermezzo am Flügel, ein umgedichteter Chanson und dann die nächsten Ausführungen über allerlei Themen des Alltags. Seine Anekdoten aus der Ehe sind harmlos, aber auch seine politischen Witzchen tun niemand weh. Oder vielleicht doch, zumindest, wenn man mit irgendeiner Partei sympathisiert. Auch die Gags auf Kosten von Olaf Scholz sind wenig schmeichelhaft. Aber sie sind lustig und das Publikum folgt dem Frontmann bei seinen Ausführungen.

Wie schön, das zu hören

Ach, was tut es gut, wenn mal jemand das ausspricht, was man selber denkt. Oder zum Denken vorgelegt bekommt. Oder so oft hört, dass es doch schließlich wahr sein muss. Dabei ist diese persönliche Meinungsbildung gar kein demokratischer Prozess, denn es ist im Grunde eine Einzelmeinung, der sich die Zuhörer hier anschließen. Man weiß zwar, wer es gesagt hat, aber das macht es nur scheinbar vertrauenswürdig.

Und dann kommt noch ein anderer Effekt dazu. Ich suche mir von vornherein nur die Redner aus, die in meinem Sinne argumentieren. Wer Urban Priol an den Lippen hängt, könnte sich auch für Georg Schramm Priol interessieren. Lisa Eckhart dürfte ihn nicht so ansprechen. Und da bekommt er das, was er schon immer gedacht hat, hier bestätigt aus dem Mund eines populären Referenten. Der zum einen seine persönliche Sicht der Dinge präsentiert, sich dabei andererseits aber auch vorsichtig daran orientiert, was der Veranstalter und das Publikum erwarten.

Und so wird durch diesen Feedback-Prozess eine Meinung gebildet und publiziert, die ein Gemeinschaftsgefühl vermittelt, ohne auch nur ansatzweise neutral zu sein. Zumal viele Vortragende auch den einen oder anderen unpassenden Gag in Kauf nehmen, um den Unterhaltungswert zu steigern. Die Zuschauer sollen sich amüsieren und am Ende sagen können: "Wie schön, das zu hören."

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