War ich vor ein paar Tagen mit einem Stihl-Gerät in der Fachwerkstatt. Meine Benzin-Motorsäge läuft nicht mehr, genau genommen kann ich sie zwar mit dem Seilzug anlassen, aber nach ein paar Sekunden geht sie dann wieder aus. Verdächtigerweise füllt sich auch die Benzin-Handpumpe nicht richtig mit Kraftstoff, egal wie oft oder fest ich sie betätige. In diesem Zustand liegt die Maschine jetzt vor mir auf dem Tisch in der Reparaturannahme.
Ich erzähle dem Mitarbeiter von meinen Problemen und frage ihn nach seiner Einschätzung, was diese Probleme auslösen könnte. "Das kann alles sein", lässt er mich wissen. Es schließt sich ein Vortrag an, in dem von Luftfilter, Benzinpumpe, Vergaser, Kolben und Zylindern, der Welle und überhaupt allerlei Lagern die Rede ist. "Und die ist ja auch Baujahr 2009. Da dürfte so einiges verschlissen sein." - "Aber es ist eine Stihl. Da gehe ich doch von einer Qualität für Profis und entsprechender Haltbarkeit aus."
Er lässt sich nicht beirren, plappert munter weiter über teure Bauteile, dass sich eine Reparatur vermutlich nicht mehr lohnt. Rät mir, die Säge als defekt bei Ebay zu verkaufen und mir hier im Laden ein neues Modell auszusuchen. Wenn ich unbedingt wollte könne er sie in die Werkstatt geben, einen Kostenvoranschlag für 35 Euro machen lassen. Ich habe die kranke Motorsäge wieder vom Ladentisch genommen, einen guten Tag gewünscht und bin nach Hause.
Nach ein bisschen Recherche im Internet und Austausch mit ChatGPT konnte ich die Reparatur für wenig Geld selbst durchführen, sie läuft wieder, kein Ersatzteilspender bei Ebay. Natürlich kann es alles sein, aber am Ende gibt es wahrscheinliche und unwahrscheinliche Fehlerursachen. Und die sollte ein Fachmann an der Stihl-Reparaturannahme schon kennen.
In vieler Hinsicht erinnerte mich die Situation an einen Reparaturversuch meines Audis in der entsprechenden Fachwerkstatt in der Nachbarstadt. Ebenfalls ein jovialer Monteur, auch dort die Diagnose "Das kann alles sein." Seinerzeit war im Winter der Lüfter ausgefallen, zur Wiederherstellung sollten der Lüftermotor, sein Steuergerät und der Temperatursensor erneuert werden. Auf meinen Einwand, dass doch nicht alle drei Dinge auf einmal den Geist aufgeben, wurde ich mit der Erkenntnis "Das sagt die Diagnosesoftware" abgefertigt.
Auch in diesem Fall war die Lösung durch eine andere Werkstatt sehr viel einfacher, ziemlich erwartungsgemäß war es nur der preiswerte Sensor. Statt der avisierten rund 700 Euro kam ich mit unter 50 Euro einschließlich Einbau davon. Für den Audi-Spezialisten ein Armutszeugnis.
Als ich meiner Frau von diesen Erlebnissen erzählte, musste sie lachen. "Denkst du, das sind Einzelfälle? Das ist doch bei Ärzten nicht anders, nur, dass du es bei denen nicht mitbekommst. Da kommt es auch nicht gerade selten vor, dass die Diagnose nicht stimmt, ein Facharzt in einer gewissen Arroganz das Problem schon verstanden hat, bevor er dich gründlich untersucht hat." Vermutlich hat sie recht mit dieser Einschätzung. An allen Ecken und Enden sind wir umgeben von Menschen, die forsch daherkommen und entweder Fachkompetenz vorgaukeln oder von denen man diese angesichts ihrer Stelle vermutet.
Doch falsch. Entweder haben sie gar nicht so viel Ahnung, wie sie behaupten; Zum Teil bewusst oder unbewusst kennen sie sich gar nicht so gut aus. Oder sie wollen ihr Wissen an dieser Stelle gar nicht einsetzen, ist es doch geschäftstüchtig, dem Kunden zum Beispiel ein neues Gerät zu verkaufen.
Was hilft da? Trau-schau-wem ist eine gute Basis, Gutgläubigkeit eine schlechte. Doch man kann sich ja nicht in allen Themen zum Fachmann machen, ein mehr oder weniger tragfähiges Halbwissen anhäufen und auf Augenhöhe mit den Spezialisten diskutieren. In manchen Fällen hilft es, eine zweite Meinung einzuholen, hier ist das Internet und seit einiger Zeit insbesondere die Nutzung von Chatbots eine große Hilfe. Auch das Umhören bei Bekannten und die Empfehlung von guten und vertrauenswürdigen Ansprechpartnern ist nützlich. Wobei am Beispiel von Stihl einige meiner Nachbarn ganz begeistert von dem Betrieb sind - vermutlich, weil sie nicht merken, dass sie ziemlich einseitig beraten wurden.
Und so endet die Geschichte wie sie angefangen hat: "Das kann alles sein."
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