Unser Leben ist eingebettet in wiederkehrende Prozesse. Wir steigen im Tagesrhythmus mit Aufgang der Sonne aus dem Bett, durchleben die Arbeitswoche mit ihren An- und Entspannungen und natürlich müssen wir uns mehr oder weniger deutlich an die Jahreszeiten anpassen.
Jetzt ist also Fastenzeit, eine Phase, in der die Menschen körperlich und geistig in einen Ausnahmezustand kommen oder kommen wollen. Von innerer Einkehr ist die Rede, aber auch Verzicht scheint eine wichtige Rolle zu spielen.
Je nach Glaubensrichtung sind rund 40 Tage dieses Ausstiegs aus dem Alltag vorgesehen, danach der gefeierte Abschluss und dann geht es weiter wie vor der Fastenzeit. Eine Art Diätprogramm mit definiertem Ende, wovon wir ja den Jojo-Effekt kennen. Nimmt ab Ostern dann wieder die Un-Achtsamkeit, vielleicht die Rücksichts-Losigkeit zu? Trinken wir dann doppelt so viel Alkohol, um den Verzicht der vergangenen Wochen zu kompensieren?
Sicher ist ein bewusster Verzicht, vielleicht auch mit einer gewissen Signalwirkung nach außen getragen, ein respektabler Antritt. Und gewiss ist es dem Körper auch egal, warum er mal einige Wochen nicht mit Alkohol oder Nikotin belastet wird, Hauptsache, das Gift bleibt draußen.
Aber wie viel wichtiger ist es, diese Umstellung dauerhaft zu betreiben, nicht nur ein paar Tage und unter Betonung der inneren Stärke und Konsequenz. Leider kommt uns an dieser Stelle ein Phänomen in die Quere, das nur durch eine von höherer Instanz aufgerufene Fastenzeit ausgehebelt werden kann: Ehrungen und Orden gibt es nur für Taten, nicht für Nicht-Taten.
Wer offiziell gelobt werden möchte, der tut dies im Idealfall genau jetzt. Asche gehört nun mal zu Asche, wenn alle irgendwas Gutes tun, dann ergibt sich ein Kollektiveffekt, den man für sich nutzen kann.
Wer dauerhaft etwas an sich tun möchte, der sollte die Fastenzeit eher dafür nutzen zu überlegen, wie er sie – gegebenenfalls in modifizierter Form – in den Alltag integriert. Das sollte dann den von Diäten bekannten Jojo-Effekt vermeiden.
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