Montag, 24. November 2025

Wieder mal einen Korb bekommen

In meiner Schulklasse gab es Peter und Klaus. Wie wir alle waren sie natürlich an Kontakten zu Mädchen interessiert, mehr oder weniger offen war es ein Dauerthema, wer welches Mädchen angesprochen hatte. Bis dahin waren die beiden also mit dem gleichen Ziel unterwegs, hatten einen halbwegs vergleichbaren Geschmack und ließen ihre Gedanken darum kreisen, wer mit wem gehen könnte.

Aber das war es dann auch mit der Gemeinsamkeit. Während Peter einfach drauflos jedes Wesen mit zwei Beinen und Busen ansprach, drehte Klaus seine Runden, wog dies und das ab, erkundigte sich nach Geschwistern, Hobbys, bisherigen Freunden und so weiter. Nach ausführlicher Betrachtung und unter Einschätzung des Risikos passte er einen geeigneten Moment ab, nahm seinen ganzen Mut zusammen und versuchte die Auserwählte für sich zu gewinnen.

Nun waren die Mädchen natürlich nicht so einfach herumzukriegen, hatten auch ihre Vorstellungen von einem Freund und ließen sich von ihren Freundinnen beraten. Und da kam der ruhige Klaus einfach nicht so gut weg. Ohne allzu sorgfältige Betrachtung traf er auf kollektive Skepsis, um nicht zu sagen Ablehnung. In Kombination mit seiner sensiblen Art nahm er sich jede Absage zu Herzen und war enttäuscht über die gemeine Abfuhr, die nach und nach auch an seinem Selbstbewusstsein nagte.

Derweil wurde Peter von Freundin zu Freundin weitergereicht, und auch wenn er kichernd als Casanova und oberflächlicher Draufgänger kolportiert wurde, war sein Zimmer selten leer. Im Gegensatz zum Sofa von Klaus. Nach seinen misslungenen Versuchen wurde er noch zurückhaltender, jeder weitere Korb für ihn eine Bestätigung seines niedrigen Marktwertes. Fast könnte man sagen wie beim Spiel Monopoly oder angelehnt an den Spruch "Geld zu Geld".

Wieder mal einen Korb bekommen
Womit ich beim Thema wäre, denn vor einigen Wochen war ich auch wieder auf Freiersfüßen. Nicht, dass ich ein Mädchen gesucht hätte und auch der Kontakt zu anderen Personen stand nicht im Mittelpunkt. Vielmehr war mein Antritt, Geld für eine Veranstaltung einzuwerben, Förderer zu finden, Sponsoren für mich zu gewinnen. Und da ging es mir wie Klaus. Ohne mich eines Blickes zu würdigen, mein Projekt auch nur ansatzweise zu betrachten, erhielt ich eine Absage nach der anderen. Mal war es ein offensichtlich irgendwann mal vorbereiteter Standardtext, mal war es eine geradezu schroffe Abfuhr, in vielen Fällen noch nicht mal irgendeine Antwort. Fragte ich nach, wurde mir mit recht deutlichen Worten dargestellt, dass keine Antwort in diesem Zusammenhang auch eine Antwort im Sinne einer Absage wäre.

Ich kam mir vor wie Klaus oder ein Bettler, der gefälligst erst mal arbeiten sollte, bevor er von anderen Leuten ein Almosen erwartet. Firmen mit Millionenumsatz konnten sich nicht dazu durchringen, mein Projekt mit sozialem Schwerpunkt in dreistelliger Eurohöhe zu unterstützen. Wie leicht kann man als hübsches Mädchen den Kopf herumwerfen, den hinterherschwingenden Pferdeschwanz in Szene setzen und sich im Davonstürmen darüber mokieren, wie man auch nur auf die Idee eines Antrags kommen konnte. Und wie leicht ist es, an der Kundenschnittstelle diesen lästigen Bittsteller abzuweisen und die eigene Macht über das vermutlich vorhandene Fördergeld voll auszuleben.

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Montag, 17. November 2025

Den anderen geht es genauso

Die Augen wollen nicht aufgehen. Der Schlaf sitzt noch fest, der Wecker könnte gut und gerne noch mal eine Stunde Ruhe geben. Aber er piepst unerbittlich vor sich hin, das Ende der Schlafenszeit ist erreicht, der Nachtschlaf zu Ende. Ich lasse die Augen noch einen Moment geschlossen und frage mich, ob ich unruhig geschlafen habe, ob ich zwischendurch wach war, schlecht geträumt habe oder schlicht gestern Abend zu spät ins Bett gegangen bin.

Den anderen geht es genauso
Nein, ich kann keine Ursache für meine Müdigkeit herausbekommen. Es gibt keinen Grund, warum ich so schläfrig bin. Mit halb geschlossenen Augen schlurfe ich zum Bad, dies und das einschließlich Dusche und der anschließenden Tasse Kaffee in der Küche. Ein wenig munterer bin ich, aber so richtig in Schwung komme ich einfach nicht. Es scheint nicht mein Tag zu sein, irgendwie muss ich ihn über die Runden bringen.

Weg zum Bahnhof, Bahnfahrt, Fußweg zum Büro. Einigermaßen wach, aber insgesamt recht tranig und nur mit halber Aufmerksamkeit dabei. Alles läuft, aber nur mit gebremster Geschwindigkeit. Und dann fällt mir auf, dass ich nicht alleine bin. Meinen Kollegen geht es genauso. Und vorhin in der Bahn – da war es doch heute auch ungewöhnlich ruhig, geradezu schläfrig. Kann es denn sein, dass die alle so unausgeschlafen und müde sind wie ich? Dass wir kollektiv nicht die notwendige nächtliche Erholung gefunden haben?

Es gibt Menschen, die dieses Phänomen auf das Wetter schieben, andere sind davon überzeugt, dass es etwas mit den Mondphasen zu tun hat. Aber egal, welche Erklärungen man sucht, es bleibt bei der Erkenntnis, dass es oft kein individuelles Problem ist. Selbst die im ersten Moment als Verursacher identifizierten Nackenschmerzen oder die eingeschlafenen Arme sind meist nicht Ursache, sondern Wirkung. Irgendwelche Impulse von außen nehmen Einfluss und legen sich wie eine Dämpfung auf die Gemeinschaft.

Daraus folgt einerseits, dass es die allgemeine Stimmung noch nicht hebt, wenn man selbst mit einer wachen Haltung gegenhält. Und es heißt andererseits auch, dass sich der eine oder andere Mitmensch noch abgeschlagener fühlt. An solchen Tagen muss man sich nicht nur selbst auf die notwendigsten Arbeiten beschränken, man sollte auch nicht zu viel von seinem Umfeld erwarten.

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Montag, 10. November 2025

Wenn Männer zu Babys werden

In einer ganz frühen Phase unserer Entwicklung können wir uns noch nicht besonders gewählt ausdrücken. Genau genommen können wir nur einen einzigen Laut von uns geben, einen ganz schrillen Ton, Babygeschrei. Er muss für jede Äußerung herhalten, sei es als Zeichen für Hunger, Müdigkeit, Wut oder Schmerzen. Es braucht die Erfahrung von Eltern, aus diesem Laut die richtigen Schlüsse zu ziehen. Wer die Umstände kennt, auf die Uhr schaut oder auf andere Art den Auslöser des Geräusches herausbekommt, kann auch etwas zur Behebung sagen.

Im Laufe der Jahre lernen wir dann, uns mit menschlicher Sprache in Kombination mit Gestik und Mimik gegenüber unseren Mitmenschen verständlich zu machen. Das funktioniert mal besser, mal schlechter, aber immerhin haben wir eine Zahl von Ausdrucksmöglichkeiten, die wir nutzen können. Was allerdings in manchen Situationen wiederum sehr eingeschränkt sein kann. Mal sind wir der Sprache unseres Gegenübers nicht mächtig, mal muss es schnell gehen oder uns fehlen einen Moment lang die Worte. Dann geht die ausgefeilte Formulierung schon mal in ein rot-Anlaufen über, aus definierten Wörtern wird ein Sturzbach herausgeschriener Laute.

Wenn Männer zu Babys werden
Und im Gipfel wird das dann noch technisch unterstützt. Hinter dem Steuerrad in der geräuschgedämmten Kapsel eines modernen Automobils gibt es nur eine Möglichkeit, seinem Umfeld Feedback zu geben. Die Hupe. Sie kennt wie ein Baby auch nur einen einzigen Ton, da kann man nur kürzer, länger oder in Intervallen auf den Knopf drücken. Ursprünglich konzipiert als Signalhorn zur Warnung vor Gefahr, ist sie zum Beispiel beim Stau die Möglichkeit, seine Ungeduld zu äußern. Oder einem anderen Fahrer akustisch klarzumachen, dass er falsch gehandelt hat. Ein Ton für Wut, Ärger, Aggression, Belehrung, Warnung.

Gut, dass es Hupen gibt. Nicht auszumalen, was diese Zeitgenossen machen würden, wenn sie den Nachbarn nicht tutend ohrfeigen könnten. Sicher würden sie aus ihrem Gefährt steigen, irgendeine Waffe zücken und das von ihnen verinnerlichte Prinzip "in dubio pro actorem" standgerichtlich umzusetzen. Es kommt nicht darauf an, ob das Gegenüber Recht hat, es reicht, dass ich mich von ihm in meiner Entfaltung gestört fühle.

Und da sind wir dann wieder beim Baby. Mit dem kann man auch nicht darüber diskutieren, ob sein Geschrei angebracht ist. Es ist unzufrieden und wird so lange weiterschreien, bis die Störung verschwunden ist oder es müde geworden ist. Bei den Autofahrern wünschte ich auch, dass das Betätigen der Signaleinrichtung mühsam wäre, Kraft kostete oder man dafür Geld einwerfen müsste. Vielleicht würde das den einen oder anderen unbeherrschten Rechthaber ein wenig zur Vernunft bringen.

(Sorry, liebe Männer. Es ist einfach euer Thema.)

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Montag, 3. November 2025

Ruhestand als Flucht

Zu Zeiten, als die Menschen vorwiegend körperlich gearbeitet haben, fiel der Ruhestand im Wesentlichen mit einem gewissen Verschleiß des Körpers, mit der Alterung der Glieder und einem Nachlassen der Muskelkraft zusammen. Die Tätigkeit ging einfach nicht mehr so recht, Arbeiten fielen schwerer oder waren nicht mehr möglich. Je nach Umfeld konnte man entweder kürzertreten, einen Teil der Aufgaben an Jüngere weitergeben oder ganz ausscheiden.

Seit der Verbreitung von Schreibtischarbeiten ist die rein körperliche Erschöpfung nicht mehr relevant. Es stellt sich die Frage nach dem angemessenen Alter für den Renteneintritt, aber auch nach Bedingungen und Auslösern für das Ausphasen aus der beruflichen Tätigkeit. Noch vor wenigen Jahren waren Argumente wie die tägliche Anfahrt, mangelnde Zeit für Familie und Freunde oder der Wunsch nach verstärktem privatem Engagement relevant.

Zunehmend höre ich von Langeweile und Perspektivlosigkeit. Die Arbeit erfüllt nicht mehr, die Luft ist raus, es reicht. Je nach Charakter geht das Spektrum der Auswirkungen von Lustlosigkeit über Depression bis Burn out. Die Menschen operieren hier oft an ihren Symptomen, beenden ihr Arbeitsverhältnis auf der Suche nach einer besseren Zukunft. Dabei flüchten sie vor sich selbst und laufen dabei sogar in eine Falle, denn nach Ausscheiden aus dem Dienst müssen sie sich erst recht selbst motivieren, Herausforderungen und Ziele selbst definieren und Erfüllung suchen.

Ruhestand als Flucht

Diese neue Lebensphase kommt mit Anforderungen, die viele Menschen seit der frühen Kindheit nicht mehr erlebt haben. Man kann sich seine Tätigkeit aussuchen, aber man muss es eben auch, ansonsten gammelt man durch den Tag. Die als langweilig wahrgenommene Arbeit war zumindest eine Pflicht, die zu einer gewissen Produktivität geführt hat.

Vorbauen, Planen und Gegenhalten in der Phase vor dem Ruhestand sind angesagt. Da stellen sich Fragen nach Veränderungen im beruflichen, aber auch dem privaten Umfeld. Passt es noch so, wie es sich vielleicht in den letzten Jahren und Jahrzehnten eingeschliffen hat? Bequem, aber auch zunehmend eintönig, der eigenen Entwicklung nicht mehr angemessen? Sind meine Bekannten eigentlich mehr Gewohnheit oder Freunde, sind nicht neue Menschen in mein Leben getreten?

Auch im fortgeschrittenen Teil der beruflichen Laufbahn ist mal wieder eine Orientierung empfehlenswert. Was hat sich über die Jahre als Stärke herauskristallisiert, in welchem Feld kann ich noch ein Schippchen zulegen? Kann ich über mein Netzwerk eine Veränderung bewirken, mein Tätigkeitsfeld ein bisschen oder sogar deutlich modifizieren?

Und dann? Wenn man nicht vorher stirbt oder bis zum Umfallen weiterarbeitet, ist irgendwann das Dienstende erreicht. Wer erst dann anfängt, sich für Sportvereine zu interessieren, der hat wichtige Vorbereitungszeit verschlafen. Hobbys müssen vorbereitetet, Bekanntschaften geknüpft, Randbedingungen geschaffen werden. Überhaupt ist die Wahl einer erfüllenden und spannenden Tätigkeit nach Renteneintritt nicht leichter als die Berufswahl als Jugendlicher. Nur, dass einem hier keine Berufsberatung und kein Arbeitsamt hilft. "Mach einfach, was dir Spaß macht" ist zwar ein freundlicher Rat, aber für viele ist gar nicht so einfach zu sagen, was ihnen Spaß macht.

Dem Strom nach, wie schon seinerzeit: Die Tätigkeit oder das Studium, das auch die anderen anpeilen. Unbemerkt fremdgesteuert ohne persönliche Impulse, vorwiegend extern motiviert oder auf der Suche nach äußerer Bespaßung. Da taucht eine Leere auf, der man doch eigentlich zu entgehen hoffte, Langeweile weil der Sinn durch berufliche Daseinsberechtigung weggefallen ist.

So geht dann der Ruhestand in eine Tätigkeitslosigkeit über, unerfülltes Weiterleben bis zum Ende. "I did it my way"

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Montag, 27. Oktober 2025

Erwischt! (Der Porno des Tages)

Zuerst habe ich es ja nicht glauben können. Da bekomme ich eine Nachricht von Linkedin, dass ein Beitrag von mir gesperrt worden wäre. Begründung: Verstoß gegen die Richtlinien bezüglich Nacktheit und sexuelle Aktivität. Nein, dachte ich, das kann ja nicht sein, das ist wieder mal so eine Phishing-Mail, irgendein Betrüger will meine Zugangsdaten ermitteln.

Doch beim Aufruf der offiziellen Seite von Linkedin wird mir tatsächlich die Sperre dargelegt. Ich bin sprachlos, geht es in dem Artikel doch um Selbsteinschätzung und den Umgang mit wechselnder Referenzumgebung – sachlich mit psychologischer Note. Kein Wort zu sexuellen Aktivitäten.

Doch dann fällt der Groschen. Als Illustration habe ich eine Fotomontage veröffentlicht, in der „Die Geburt der Venus“ (Giorgio Vasari, ca. 1556) enthalten war. Und da ist sie: Eine nackte Frau, umringt von einer Vielzahl Männern, Frauen, Nymphen, Engeln und weiteren Phantasiewesen.

Erwischt - Der Porno des Tages

Das kann man schon als Nacktheit bezeichnen, aber die Abbildung eines berühmten Werkes als Begründung für die Sperre eines Artikels heranzuziehen ist recht abenteuerlich und zeigt einen Mangel an Kunstverstand und / oder Allgemeinbildung.

Nach Einspruch meinerseits und Prüfung des Falles wurde die Sperre aufgehoben, man kann den Text nun wieder aufrufen; Zurück bleibt der Eindruck, dass die voreilige Zensur wenig überlegt war. Und dass die Automaten und die dahinterliegende KI vielleicht eine viel schmutzigere Phantasie haben, als wir es uns bisher vorgestellt haben.

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Montag, 20. Oktober 2025

Hier bist du nichts Besonderes

Ein wenig fremd fühlt sich das schon an. Vor ein paar Wochen habe ich mein Abiturzeugnis bekommen, Leistungskurs Physik und eine sehr gute Abschlussnote. Wie mir geht es den anderen Studenten auch, die hier im Hörsaal versammelt sind. Alle in ihrem Fach die Besten, in der Schule die Nase vorn.

Und nun sind die ersten Wochen ins Land gegangen, der Professor pflügt ohne viel Aufhebens im ersten Semester durch den gesamten Stoff der Oberstufe und zusätzlich ein wenig mehr. Ein wenig tiefer, ein wenig vernetzter. Und natürlich in Kombination mit ein paar Nebenfächern.

Die ganzen Topschüler sind auf einmal nichts Besonderes mehr, es sind alles intelligente junge Leute, die mit der Flut neuer Inhalte und der Einstellung auf die neue Lebenssituation kämpfen. Wenige Monate liegen zwischen herausstechender Elite und ums intellektuelle Überleben ringendem Mittelmaß.

Dies ist für viele ein echter Schock. In diesem Sammelbecken gehen nicht die als erste unter, die nicht schwimmen können, sondern die, die sich das Schwimmen nicht (mehr) zutrauen. Wer stets Topnoten erzielt hat, der resigniert viel eher bei der ersten durchgefallenen Klausur als ein Kommilitone, der es gewohnt war, eher mittelmäßig zu sein.

Hier bist du nichts Besonderes
Und heute? Erlebe ich es wieder an anderen Stellen in meinem Leben. Ein gutes Gehalt ist phantastisch, nivelliert sich aber in kurzer Zeit zu einer Art Durchschnitt, wenn ich die Kollegen um mich herum betrachte. Was aus Sicht anderer Zeitgenossen beneidenswert ist, kann man im eigenen Umfeld als mittelmäßig einsortieren.

Oder das Aussehen: Junge Mädchen, die in ihrem Heimatdorf die herausstechende Schönheit waren, sind in der großen Stadt umgeben von  anderer Menschen mit Modelmaßen und Traumfiguren.

Im ersten Moment ist es Ernüchterung, vielleicht auch die Erkenntnis, dass man nicht so besonders ist, wie man bis dahin gemeint hat. Nein, man ist im Leben zunächst mal nicht konkurrenzlos unterwegs. Aber man kann durch die Ausbildung von einzelnen Qualitäten, persönlichen Spezialitäten und Setzen von Schwerpunkten doch eine Nische finden, in der man einzigartig ist. Charakter nennt man das.

Depressiv die Flinte ins Korn zu werfen, weil die anderen schlauer sind, mehr Geld bekommen oder besser aussehen: Das ist eine mögliche Lösung… aber nicht die beste. Übrigens hängen die Ergebnisse der Selbsteinschätzung auch stark von der referenzierten Vergleichsgruppe ab. Wer sein Aussehen als Rentner mit GNTM vergleicht, hat den Frust vorprogrammiert.

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Montag, 13. Oktober 2025

Ein typisches Fernsehkind

Manchmal kann man mit seiner Einschätzung ganz schön falsch liegen. Oder mit einer als sicher geglaubten Aussage weit neben dem Ziel landen. So ging es der Schulärztin, die meinen Bruder Mitte der 1960er Jahre zur Einschulung untersuchte. Ohren, Augen, körperliche und geistige Entwicklung im normalen Bereich, aber: "Ein typisches Fernsehkind."

Ein typisches Fernsehkind
Vor dem Hintergrund der damals laufenden kritischen Diskussion war dies vermutlich als Vorwurf an meine Mutter adressiert. Sie sollte ein schlechtes Gewissen bekommen und sich fragen, ob man den Fernsehkonsum schon sehen konnte. Es sollte sie erschrecken, aufrütteln, den Umgang mit dem Fernsehen neu bedenken lassen.

Allerdings lief dieser eher unspezifische Angriff ins Leere, denn wir hatten keinen Fernseher, spielten als Brüder ganz klassisch mit Bausteinen oder verkleideten uns zu Indianerspielen. Die Zeit vor einer der Flimmerkisten war auf den Besuch von Nachbarn und das gemeinsame Anschauen eines Spiels der Fußballweltmeisterschaft beschränkt. Selbst bei noch so kritischer Betrachtung würde man hieraus keine negativen Auswirkungen ableiten können.

So musste die Ärztin also ihre voreilige Meinung oder sogar gezielte Bosartigkeit zurücknehmen. Peinlich für sie, ein Triumpf für meine Mutter. Voller Freude schlachtete sie auch gegenüber allen Bekannten und Freunden diese Szene aus und rückte die Ärztin nach Leibeskräften in schlechtes Licht.

Fazit: Obacht mit Vermutungen, die man für eine Konfrontation nutzen möchte. Das sollte man schon ein wenig vorbereiten und durch Fragen oder Recherchen sicherstellen, dass man auf festem Boden steht. Hätte die Ärztin vorher die tägliche Fernsehzeit abgefragt und dann - egal ob wirklich erkennbar oder nicht - behauptet, dass sie dies in der Entwicklung des Kindes sehen könnte: Sie hätte erst mal Betroffenheit erzeugen können. Ob die ihr gegenübersitzende Mutter sich das dann detailliert erklären lässt oder nur entsetzt zur Kenntnis nimmt, steht natürlich auf einem anderen Blatt.

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