Montag, 17. November 2025

Den anderen geht es genauso

Die Augen wollen nicht aufgehen. Der Schlaf sitzt noch fest, der Wecker könnte gut und gerne noch mal eine Stunde Ruhe geben. Aber er piepst unerbittlich vor sich hin, das Ende der Schlafenszeit ist erreicht, der Nachtschlaf zu Ende. Ich lasse die Augen noch einen Moment geschlossen und frage mich, ob ich unruhig geschlafen habe, ob ich zwischendurch wach war, schlecht geträumt habe oder schlicht gestern Abend zu spät ins Bett gegangen bin.

Den anderen geht es genauso
Nein, ich kann keine Ursache für meine Müdigkeit herausbekommen. Es gibt keinen Grund, warum ich so schläfrig bin. Mit halb geschlossenen Augen schlurfe ich zum Bad, dies und das einschließlich Dusche und der anschließenden Tasse Kaffee in der Küche. Ein wenig munterer bin ich, aber so richtig in Schwung komme ich einfach nicht. Es scheint nicht mein Tag zu sein, irgendwie muss ich ihn über die Runden bringen.

Weg zum Bahnhof, Bahnfahrt, Fußweg zum Büro. Einigermaßen wach, aber insgesamt recht tranig und nur mit halber Aufmerksamkeit dabei. Alles läuft, aber nur mit gebremster Geschwindigkeit. Und dann fällt mir auf, dass ich nicht alleine bin. Meinen Kollegen geht es genauso. Und vorhin in der Bahn – da war es doch heute auch ungewöhnlich ruhig, geradezu schläfrig. Kann es denn sein, dass die alle so unausgeschlafen und müde sind wie ich? Dass wir kollektiv nicht die notwendige nächtliche Erholung gefunden haben?

Es gibt Menschen, die dieses Phänomen auf das Wetter schieben, andere sind davon überzeugt, dass es etwas mit den Mondphasen zu tun hat. Aber egal, welche Erklärungen man sucht, es bleibt bei der Erkenntnis, dass es oft kein individuelles Problem ist. Selbst die im ersten Moment als Verursacher identifizierten Nackenschmerzen oder die eingeschlafenen Arme sind meist nicht Ursache, sondern Wirkung. Irgendwelche Impulse von außen nehmen Einfluss und legen sich wie eine Dämpfung auf die Gemeinschaft.

Daraus folgt einerseits, dass es die allgemeine Stimmung noch nicht hebt, wenn man selbst mit einer wachen Haltung gegenhält. Und es heißt andererseits auch, dass sich der eine oder andere Mitmensch noch abgeschlagener fühlt. An solchen Tagen muss man sich nicht nur selbst auf die notwendigsten Arbeiten beschränken, man sollte auch nicht zu viel von seinem Umfeld erwarten.

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Montag, 10. November 2025

Wenn Männer zu Babys werden

In einer ganz frühen Phase unserer Entwicklung können wir uns noch nicht besonders gewählt ausdrücken. Genau genommen können wir nur einen einzigen Laut von uns geben, einen ganz schrillen Ton, Babygeschrei. Er muss für jede Äußerung herhalten, sei es als Zeichen für Hunger, Müdigkeit, Wut oder Schmerzen. Es braucht die Erfahrung von Eltern, aus diesem Laut die richtigen Schlüsse zu ziehen. Wer die Umstände kennt, auf die Uhr schaut oder auf andere Art den Auslöser des Geräusches herausbekommt, kann auch etwas zur Behebung sagen.

Im Laufe der Jahre lernen wir dann, uns mit menschlicher Sprache in Kombination mit Gestik und Mimik gegenüber unseren Mitmenschen verständlich zu machen. Das funktioniert mal besser, mal schlechter, aber immerhin haben wir eine Zahl von Ausdrucksmöglichkeiten, die wir nutzen können. Was allerdings in manchen Situationen wiederum sehr eingeschränkt sein kann. Mal sind wir der Sprache unseres Gegenübers nicht mächtig, mal muss es schnell gehen oder uns fehlen einen Moment lang die Worte. Dann geht die ausgefeilte Formulierung schon mal in ein rot-Anlaufen über, aus definierten Wörtern wird ein Sturzbach herausgeschriener Laute.

Wenn Männer zu Babys werden
Und im Gipfel wird das dann noch technisch unterstützt. Hinter dem Steuerrad in der geräuschgedämmten Kapsel eines modernen Automobils gibt es nur eine Möglichkeit, seinem Umfeld Feedback zu geben. Die Hupe. Sie kennt wie ein Baby auch nur einen einzigen Ton, da kann man nur kürzer, länger oder in Intervallen auf den Knopf drücken. Ursprünglich konzipiert als Signalhorn zur Warnung vor Gefahr, ist sie zum Beispiel beim Stau die Möglichkeit, seine Ungeduld zu äußern. Oder einem anderen Fahrer akustisch klarzumachen, dass er falsch gehandelt hat. Ein Ton für Wut, Ärger, Aggression, Belehrung, Warnung.

Gut, dass es Hupen gibt. Nicht auszumalen, was diese Zeitgenossen machen würden, wenn sie den Nachbarn nicht tutend ohrfeigen könnten. Sicher würden sie aus ihrem Gefährt steigen, irgendeine Waffe zücken und das von ihnen verinnerlichte Prinzip "in dubio pro actorem" standgerichtlich umzusetzen. Es kommt nicht darauf an, ob das Gegenüber Recht hat, es reicht, dass ich mich von ihm in meiner Entfaltung gestört fühle.

Und da sind wir dann wieder beim Baby. Mit dem kann man auch nicht darüber diskutieren, ob sein Geschrei angebracht ist. Es ist unzufrieden und wird so lange weiterschreien, bis die Störung verschwunden ist oder es müde geworden ist. Bei den Autofahrern wünschte ich auch, dass das Betätigen der Signaleinrichtung mühsam wäre, Kraft kostete oder man dafür Geld einwerfen müsste. Vielleicht würde das den einen oder anderen unbeherrschten Rechthaber ein wenig zur Vernunft bringen.

(Sorry, liebe Männer. Es ist einfach euer Thema.)

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Montag, 3. November 2025

Ruhestand als Flucht

Zu Zeiten, als die Menschen vorwiegend körperlich gearbeitet haben, fiel der Ruhestand im Wesentlichen mit einem gewissen Verschleiß des Körpers, mit der Alterung der Glieder und einem Nachlassen der Muskelkraft zusammen. Die Tätigkeit ging einfach nicht mehr so recht, Arbeiten fielen schwerer oder waren nicht mehr möglich. Je nach Umfeld konnte man entweder kürzertreten, einen Teil der Aufgaben an Jüngere weitergeben oder ganz ausscheiden.

Seit der Verbreitung von Schreibtischarbeiten ist die rein körperliche Erschöpfung nicht mehr relevant. Es stellt sich die Frage nach dem angemessenen Alter für den Renteneintritt, aber auch nach Bedingungen und Auslösern für das Ausphasen aus der beruflichen Tätigkeit. Noch vor wenigen Jahren waren Argumente wie die tägliche Anfahrt, mangelnde Zeit für Familie und Freunde oder der Wunsch nach verstärktem privatem Engagement relevant.

Zunehmend höre ich von Langeweile und Perspektivlosigkeit. Die Arbeit erfüllt nicht mehr, die Luft ist raus, es reicht. Je nach Charakter geht das Spektrum der Auswirkungen von Lustlosigkeit über Depression bis Burn out. Die Menschen operieren hier oft an ihren Symptomen, beenden ihr Arbeitsverhältnis auf der Suche nach einer besseren Zukunft. Dabei flüchten sie vor sich selbst und laufen dabei sogar in eine Falle, denn nach Ausscheiden aus dem Dienst müssen sie sich erst recht selbst motivieren, Herausforderungen und Ziele selbst definieren und Erfüllung suchen.

Ruhestand als Flucht

Diese neue Lebensphase kommt mit Anforderungen, die viele Menschen seit der frühen Kindheit nicht mehr erlebt haben. Man kann sich seine Tätigkeit aussuchen, aber man muss es eben auch, ansonsten gammelt man durch den Tag. Die als langweilig wahrgenommene Arbeit war zumindest eine Pflicht, die zu einer gewissen Produktivität geführt hat.

Vorbauen, Planen und Gegenhalten in der Phase vor dem Ruhestand sind angesagt. Da stellen sich Fragen nach Veränderungen im beruflichen, aber auch dem privaten Umfeld. Passt es noch so, wie es sich vielleicht in den letzten Jahren und Jahrzehnten eingeschliffen hat? Bequem, aber auch zunehmend eintönig, der eigenen Entwicklung nicht mehr angemessen? Sind meine Bekannten eigentlich mehr Gewohnheit oder Freunde, sind nicht neue Menschen in mein Leben getreten?

Auch im fortgeschrittenen Teil der beruflichen Laufbahn ist mal wieder eine Orientierung empfehlenswert. Was hat sich über die Jahre als Stärke herauskristallisiert, in welchem Feld kann ich noch ein Schippchen zulegen? Kann ich über mein Netzwerk eine Veränderung bewirken, mein Tätigkeitsfeld ein bisschen oder sogar deutlich modifizieren?

Und dann? Wenn man nicht vorher stirbt oder bis zum Umfallen weiterarbeitet, ist irgendwann das Dienstende erreicht. Wer erst dann anfängt, sich für Sportvereine zu interessieren, der hat wichtige Vorbereitungszeit verschlafen. Hobbys müssen vorbereitetet, Bekanntschaften geknüpft, Randbedingungen geschaffen werden. Überhaupt ist die Wahl einer erfüllenden und spannenden Tätigkeit nach Renteneintritt nicht leichter als die Berufswahl als Jugendlicher. Nur, dass einem hier keine Berufsberatung und kein Arbeitsamt hilft. "Mach einfach, was dir Spaß macht" ist zwar ein freundlicher Rat, aber für viele ist gar nicht so einfach zu sagen, was ihnen Spaß macht.

Dem Strom nach, wie schon seinerzeit: Die Tätigkeit oder das Studium, das auch die anderen anpeilen. Unbemerkt fremdgesteuert ohne persönliche Impulse, vorwiegend extern motiviert oder auf der Suche nach äußerer Bespaßung. Da taucht eine Leere auf, der man doch eigentlich zu entgehen hoffte, Langeweile weil der Sinn durch berufliche Daseinsberechtigung weggefallen ist.

So geht dann der Ruhestand in eine Tätigkeitslosigkeit über, unerfülltes Weiterleben bis zum Ende. "I did it my way"

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Montag, 27. Oktober 2025

Erwischt! (Der Porno des Tages)

Zuerst habe ich es ja nicht glauben können. Da bekomme ich eine Nachricht von Linkedin, dass ein Beitrag von mir gesperrt worden wäre. Begründung: Verstoß gegen die Richtlinien bezüglich Nacktheit und sexuelle Aktivität. Nein, dachte ich, das kann ja nicht sein, das ist wieder mal so eine Phishing-Mail, irgendein Betrüger will meine Zugangsdaten ermitteln.

Doch beim Aufruf der offiziellen Seite von Linkedin wird mir tatsächlich die Sperre dargelegt. Ich bin sprachlos, geht es in dem Artikel doch um Selbsteinschätzung und den Umgang mit wechselnder Referenzumgebung – sachlich mit psychologischer Note. Kein Wort zu sexuellen Aktivitäten.

Doch dann fällt der Groschen. Als Illustration habe ich eine Fotomontage veröffentlicht, in der „Die Geburt der Venus“ (Giorgio Vasari, ca. 1556) enthalten war. Und da ist sie: Eine nackte Frau, umringt von einer Vielzahl Männern, Frauen, Nymphen, Engeln und weiteren Phantasiewesen.

Erwischt - Der Porno des Tages

Das kann man schon als Nacktheit bezeichnen, aber die Abbildung eines berühmten Werkes als Begründung für die Sperre eines Artikels heranzuziehen ist recht abenteuerlich und zeigt einen Mangel an Kunstverstand und / oder Allgemeinbildung.

Nach Einspruch meinerseits und Prüfung des Falles wurde die Sperre aufgehoben, man kann den Text nun wieder aufrufen; Zurück bleibt der Eindruck, dass die voreilige Zensur wenig überlegt war. Und dass die Automaten und die dahinterliegende KI vielleicht eine viel schmutzigere Phantasie haben, als wir es uns bisher vorgestellt haben.

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Montag, 20. Oktober 2025

Hier bist du nichts Besonderes

Ein wenig fremd fühlt sich das schon an. Vor ein paar Wochen habe ich mein Abiturzeugnis bekommen, Leistungskurs Physik und eine sehr gute Abschlussnote. Wie mir geht es den anderen Studenten auch, die hier im Hörsaal versammelt sind. Alle in ihrem Fach die Besten, in der Schule die Nase vorn.

Und nun sind die ersten Wochen ins Land gegangen, der Professor pflügt ohne viel Aufhebens im ersten Semester durch den gesamten Stoff der Oberstufe und zusätzlich ein wenig mehr. Ein wenig tiefer, ein wenig vernetzter. Und natürlich in Kombination mit ein paar Nebenfächern.

Die ganzen Topschüler sind auf einmal nichts Besonderes mehr, es sind alles intelligente junge Leute, die mit der Flut neuer Inhalte und der Einstellung auf die neue Lebenssituation kämpfen. Wenige Monate liegen zwischen herausstechender Elite und ums intellektuelle Überleben ringendem Mittelmaß.

Dies ist für viele ein echter Schock. In diesem Sammelbecken gehen nicht die als erste unter, die nicht schwimmen können, sondern die, die sich das Schwimmen nicht (mehr) zutrauen. Wer stets Topnoten erzielt hat, der resigniert viel eher bei der ersten durchgefallenen Klausur als ein Kommilitone, der es gewohnt war, eher mittelmäßig zu sein.

Hier bist du nichts Besonderes
Und heute? Erlebe ich es wieder an anderen Stellen in meinem Leben. Ein gutes Gehalt ist phantastisch, nivelliert sich aber in kurzer Zeit zu einer Art Durchschnitt, wenn ich die Kollegen um mich herum betrachte. Was aus Sicht anderer Zeitgenossen beneidenswert ist, kann man im eigenen Umfeld als mittelmäßig einsortieren.

Oder das Aussehen: Junge Mädchen, die in ihrem Heimatdorf die herausstechende Schönheit waren, sind in der großen Stadt umgeben von  anderer Menschen mit Modelmaßen und Traumfiguren.

Im ersten Moment ist es Ernüchterung, vielleicht auch die Erkenntnis, dass man nicht so besonders ist, wie man bis dahin gemeint hat. Nein, man ist im Leben zunächst mal nicht konkurrenzlos unterwegs. Aber man kann durch die Ausbildung von einzelnen Qualitäten, persönlichen Spezialitäten und Setzen von Schwerpunkten doch eine Nische finden, in der man einzigartig ist. Charakter nennt man das.

Depressiv die Flinte ins Korn zu werfen, weil die anderen schlauer sind, mehr Geld bekommen oder besser aussehen: Das ist eine mögliche Lösung… aber nicht die beste. Übrigens hängen die Ergebnisse der Selbsteinschätzung auch stark von der referenzierten Vergleichsgruppe ab. Wer sein Aussehen als Rentner mit GNTM vergleicht, hat den Frust vorprogrammiert.

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Montag, 13. Oktober 2025

Ein typisches Fernsehkind

Manchmal kann man mit seiner Einschätzung ganz schön falsch liegen. Oder mit einer als sicher geglaubten Aussage weit neben dem Ziel landen. So ging es der Schulärztin, die meinen Bruder Mitte der 1960er Jahre zur Einschulung untersuchte. Ohren, Augen, körperliche und geistige Entwicklung im normalen Bereich, aber: "Ein typisches Fernsehkind."

Ein typisches Fernsehkind
Vor dem Hintergrund der damals laufenden kritischen Diskussion war dies vermutlich als Vorwurf an meine Mutter adressiert. Sie sollte ein schlechtes Gewissen bekommen und sich fragen, ob man den Fernsehkonsum schon sehen konnte. Es sollte sie erschrecken, aufrütteln, den Umgang mit dem Fernsehen neu bedenken lassen.

Allerdings lief dieser eher unspezifische Angriff ins Leere, denn wir hatten keinen Fernseher, spielten als Brüder ganz klassisch mit Bausteinen oder verkleideten uns zu Indianerspielen. Die Zeit vor einer der Flimmerkisten war auf den Besuch von Nachbarn und das gemeinsame Anschauen eines Spiels der Fußballweltmeisterschaft beschränkt. Selbst bei noch so kritischer Betrachtung würde man hieraus keine negativen Auswirkungen ableiten können.

So musste die Ärztin also ihre voreilige Meinung oder sogar gezielte Bosartigkeit zurücknehmen. Peinlich für sie, ein Triumpf für meine Mutter. Voller Freude schlachtete sie auch gegenüber allen Bekannten und Freunden diese Szene aus und rückte die Ärztin nach Leibeskräften in schlechtes Licht.

Fazit: Obacht mit Vermutungen, die man für eine Konfrontation nutzen möchte. Das sollte man schon ein wenig vorbereiten und durch Fragen oder Recherchen sicherstellen, dass man auf festem Boden steht. Hätte die Ärztin vorher die tägliche Fernsehzeit abgefragt und dann - egal ob wirklich erkennbar oder nicht - behauptet, dass sie dies in der Entwicklung des Kindes sehen könnte: Sie hätte erst mal Betroffenheit erzeugen können. Ob die ihr gegenübersitzende Mutter sich das dann detailliert erklären lässt oder nur entsetzt zur Kenntnis nimmt, steht natürlich auf einem anderen Blatt.

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Montag, 6. Oktober 2025

Die Welt ist so einfach

Vor einigen Jahren hatte ich nach Betrachtung eines Vorgangs im geschäftlichen Umfeld eine Idee, wie man den Ablauf besser gestalten könnte. Es lag auf der Hand, einen umständlichen Entscheidungsweg stillzulegen, ein Gremium abzuschaffen und den Workflow zu automatisieren. Technisch gesehen alles ziemlich einfach.

Ich sprach mit meinem Bereichsleiter darüber und erläuterte ihm die einzuleitenden Maßnahmen, notwendigen Änderungen und insbesondere die in Aussicht stehenden Verbesserungen. „Lieber Eckhard“, ließ er mich wissen, „die Welt ist nicht so einfach.“

Die Welt ist nicht so einfach
Das war’s. Wie ein Schulbub war ich abgefertigt worden, hatte ich das deutliche Signal erhalten, dass ich die dahinerliegende Komplexität nicht durchdrungen hatte. Meine einfache Lösung war der Weltlage nicht angemessen. Es war vielleicht weniger eine Kritik an meiner Intelligenz als an meinem Verständnis für die Gesamtsituation. Schwierige Sachen erfordern schwierige Lösungen – basta.

Ich war damals ziemlich geknickt, einerseits, weil ich meine Lösung sehr gut fand, andererseits, weil ich von einer Führungskraft deutlich kritisiert worden war. Indirekt war es ja auch der Hinweis, dass ich mich um meine operative Arbeitsebene kümmern sollte, statt mir strategische Gedanken zu machen.

Heute weiß ich, dass ich Recht hatte und mein damaliger Bereichsleiter verkehrt unterwegs war. Die Welt ist einfach, und wenn sie es mal nicht ist, dann muss man sie als Mensch eben so lange vereinfachen, bis man sie handhaben kann. Wobei in diesem Zusammenhang das Bild des Hand-habens sehr schön illustriert, das dies auf allen Ebenen gilt.

Physiker entwickeln Modelle, erklären wichtige Phänomene durch Vereinfachung. Kinder sind da noch sehr geübt, es ist geradezu ihre Kernkompetenz, sich ihre Welt und ihr Wissen durch Weglassen unwichtiger Aspekte und Beschränkung auf das Wesentliche zu erschließen. Eine Eigenschaft übrigens, die wir an anderer Stelle bei Kindern bewundern, sie ihnen aber gleichzeitig im Laufe der Schulzeit weg-erziehen.

Und doch: So ganz einfach ist es eben doch nicht. Um Situationen zu bearbeiten oder Entscheidungen im Kontext mehr oder weniger deutlicher Vereinfachungen zu treffen gibt es verschiedene Bedingungen.

Die simpelste Voraussetzung ist eine gewisse Kindlichkeit oder Einfältigkeit. Wenn man die Abhängigkeiten nicht kennt, braucht man sich darüber auch keine Gedanken zu machen.

Alternativ kann man zwar einen gewissen Überblick haben, diesen aber bewusst ignorieren; Man könnte es als mutig bezeichnen, jedenfalls aber als experimentierfreudig.

Oder man besitzt die Fähigkeit, Sachverhalte zu zerlegen, sozusagen in ihre Atome aufzuteilen und auf der Basis dieser Analyse dann den Kern zu behandeln.

Für alle drei Typen finden wir schnell prominente Beispiele um uns herum: Donald Trump, der einfach Zölle verhängt; Elon Musk mit seiner Hartnäckigkeit beim Bau von Raketen; Stephen Hawkings, der das Universum populärwissenschaftlich erklärt.

Es geht also. Lieber Burkhard, die Welt ist so einfach.

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