Montag, 28. März 2022

Neue Zeiten (The New Normal)

Schon bevor ich die Augen aufmache, weiß ich, dass etwas nicht stimmt. Blick auf den alten Wecker: Viertel vor sieben – und die Funkuhr: Viertel vor acht. Ach Herrje, der Wecker hatte nicht geklingelt, konnte er ja auch noch gar nicht, für ihn war es noch zu früh. Aber über Nacht hatte sich die Zeit geändert – Sommerzeit – und damit fehlt mir jetzt eine Stunde.

Ich springe aus dem Bett, es ist Sonntag, es ist Sommerzeit, aber ich bin nachher mit einem Verkäufer verabredet. Jetzt muss ich Gas geben, laufe rüber ins Bad, wo ist denn nur der Aufsatz für die Zahnbürste, ich lange mit der Hand in den Badezimmerschrank und schnappe mir den Rasierapparat, während ich die Zahnpasta greife, jetzt fehlt die dritte Hand für die Bürste und während der Rasierapparat losbrummt kann ich auch mit dem Reinigen der Zähne beginnen. So halbwegs fertig rüber zur Dusche, schon mal aufdrehen, Shampoo, wo bist Du, noch kalt, aber in einigen Augenblicken, ich gurgle kurz mit dem Zahnspülwasser, das Handtuch nicht vergessen und unter den noch kalten Strahl, brrr.

Mit Schwung weiter, jetzt nicht ausrutschen oder andere Pannen, die Jeans von gestern kann ich noch mal anziehen, aber Unterwäsche und hätte ich mir doch zwischendurch schon mal einen Kaffee gemacht, gleich wenn ich aus dem Haus gehe den Schlüssel nicht vergessen und das Geld, wenn wir ins Geschäft kommen, habe ich die Adresse eigentlich irgendwo zur Hand, brauche ich Packmaterial oder einen Spanngurt. Noch stehe ich im Bad und trockne mich ab, Deo, soviel Zeit muss sein und jetzt aber zum Kleiderschrank oder doch besser jetzt die Kaffeemaschine starten, wieder ins Schlafzimmer, Hose an, Schuhe, Kaffee, Kühlschrank, Tupper für unterwegs mit Obst. 

Habe ich wirklich an alles gedacht, Jacke aus der Garderobe, Geldbörse, jetzt klingelt auch noch das Telefon. Verschlafen eine Stimme am anderen Ende der Leitung. Es ist der Verkäufer, es täte ihm Leid, aber durch die Sommerzeit-Umstellung hätte er verschlafen, ich solle mir bitte Zeit lassen.

Oh Gott, das muss es sein, das vielbeschworene New Normal.

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Montag, 21. März 2022

Müssten wir es nicht besser wissen?

Mein Pazifismus ist instinktiver Natur - ein Gefühl, von dem ich besessen bin. Der Gedanke des Mordes an einem menschlichen Wesen erfüllt mich mit Abscheu. Meine Haltung ist nicht von intellektueller Theorie, sondern von einem tiefen Widerwillen gegenüber jeglicher Art von Grausamkeit und Hass motiviert.


Where have all the soldiers gone? Gone to graveyards every one

You lie and deceive / A world war can be won /  You want me to believe

Through the flames and through the fire / Cities burn / We don't give a damn

We're fools to make war / On our brothers in arms

We make all of our suns the same / Every one will suffer the fire we've made / They all explode just the same

War, what is it good for - Absolutely nothing, listen to me / Oh, war, I despise / 'Cause it means destruction of innocent lives

She collapsed with a flag in her hand / A flag white as snow / A hero of war / Is that what they see

Mama, mama, mama, tell us what the hell is goin' on / Can't we all just get along? / Father, Father, Father help us / Send some guidance from above

How many times must the cannonballs fly, before they're forever banned?

Take me to the magic of the moment / On a glory night / Where the children of tomorrow dream away / In the wind of change

Imagine there's no countries, it isn't hard to do, nothing to kill or die for

All we are saying is give peace a chance.

Thanks to: Albert Einstein, Pete Seeger, Bob Dylan, The Temptations, John Lennon, U2, Dire Straits, Scorpions, Fleetwood Mac, Black Eyed Peas, Rise Against.

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Montag, 14. März 2022

Jahrmarkt der Gedanken

Vor Corona gab es von Zeit zu Zeit Jahrmärkte, auf denen war richtig was los. Nicht ohne Grund auch als „Rummel“ bezeichnet, drängten sich Menschenmengen durch enge Gassen zwischen den diversen Buden. Links Schießstände, rechts Würstchenanbieter, Schausteller und Fahrgeschäfte mit wummernder Musik. Ein Cocktail aus Sinneseindrücken, Geräuschen, Gerüchen, Geschupse und Gedränge. Und nachher konnte man gar nicht mehr so ganz genau sagen, was man in diesem Trubel gesehen und erlebt hatte.

Ähnlich sieht es an manchen Tagen auch zu Feierabend in meinem Kopf aus. Da bin ich durch den Strom der Aufgaben gedrängt worden, zwischendurch mal kurz ein Blick auf andere Themen. Da gibt es gelegentlich vielleicht mal eine Erfrischung, ansonsten jagt aber eine Sitzung die andere und am Ende kann ich gar nicht rekapitulieren, welche Arbeiten ich erledigt, angefangen oder nur aufgetragen bekommen habe.

Nun ist das menschliche Gehirn ja sehr leistungsfähig und nimmt zum Beispiel auch Abwechslung dankbar auf, ist aber von Grund auf zur Weiterentwicklung routinierter Abläufe optimiert. Und genau da kommt der moderne Arbeitsalltag uns in die Quere. Ein Jahrmarkt ist nun mal eben gerade keine Routine, vielmehr ist er (in seiner jährlichen Ausprägung) als singuläres Erlebnis gedacht. Wer wollte schon täglich an Buden vorbeigeschoben und auf exotischen Geräten Zentrifugal- und Erdanziehungskräften ausgesetzt sein?

Doch im Büro beginnen meine Gedanken zu kreisen, manche fliegen sogar aus der Bahn, mir wird schwindelig wie auf einem Karussell und Wichtiges vermischt sich mit Unwichtigem zu einer klebrigen Melange. Da strömen Anforderungen aus verschiedenen Nachbarabteilungen auf mich ein, Gewinne-Gewinne-Gewinne, und von diversen Seiten werden sensationelle Entwicklungen dargestellt, die ich nicht verpassen darf.

Doch wie jeder Trubel geht auch der Arbeitstag irgendwann zu Ende. Durchschnaufen, zur Ruhe kommen und sich die Zeit nehmen, den Tag noch mal an sich vorbeiziehen zu lassen. Und dabei nicht nur die spektakulären Ereignisse würdigen, sondern auch die kleinen und schönen Szenen, in denen man einen Fortschritt erzielt oder mit einem netten Kollegen telefoniert hat.

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Montag, 7. März 2022

Ach, Didi (Hallervorden)

Das größte Problem in der Geschichte der Menschheit ist, dass die Leute, die die Wahrheit kennen, den Mund nicht aufmachen. Und diejenigen, die von nichts eine Ahnung haben, bekommt man einfach nicht zum Schweigen.

Mal ehrlich, als dieses Energiebündel über die Bühne lief, allerlei amüsanten Blödsinn von sich gab und das Ganze auch noch im Fernsehen unter dem Titel „Nonstop Nonsens“ vorführte – wer hätte da gedacht, dass einmal so verbitterte Worte aus seinem Mund kommen könnten. Ein intelligenter Mensch, der auf den unterschiedlichsten Wegen versucht, die Gesellschaft zu berühren, Impulse zu geben und Mitmenschen zu bewegen. Ein unermüdlicher Spaßvogel, so der Eindruck, immer einen lustigen Einfall im Kopf und einen Gag in der Hinterhand.

Und jetzt dies. Ein geradezu verbitterter Kommentar, frustriert und vom eigenen Unvermögen enttäuscht. Da muss sich viel im Hintergrund getan haben, wie viele enttäuschende Erlebnisse haben wohl zu dieser Veränderung geführt.

Ich schaue in den Spiegel, sehe mich und frage mich, ob auch ich auf dem Weg bin, von meinen Erfahrungen zu einem anderen Lebenskurs gedrängt zu werden, die Leichtigkeit zu verlieren, den Frust überhand nehmen zu lassen. Versuche ich, die Welt bewusst zu verbessern und dies mit Gewalt, dann stelle ich früher oder später fest, dass dies die Kräfte eines einzelnen Menschen übersteigt. Nicht der Ärger über dieses vermeintliche Unvermögen oder die Enttäuschung dürfen dann in den Mittelpunkt geraten, sondern die Selbst-Wert-Schätzung und die Zufriedenheit mit dem bisher Erreichten. Aus dieser ruhigen und eben zufriedenen Lage heraus kann ich meine bisherigen Ansätze betrachten, Ideen entwickeln und einen neuen Anlauf nehmen. Oder wie es bei Rilke heißt:

Ich lebe mein Leben in wachsenden Ringen,
die sich über die Dinge ziehn.
Ich werde den letzten vielleicht nicht vollbringen,
aber versuchen will ich ihn.

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