Im Laufe der Jahre habe ich ein Vielzahl von Seminaren besucht und an vielen Schulungen zur Entwicklung von Softskills teilgenommen. Das ist ein Segen, so hatte ich Gelegenheit, eine ganze Reihe verschiedener Typologien kennenzulernen. Oft ergab sich auch eine Nachbetrachtung, vertiefte Recherche in OCEAN, Belbin, Insights Discovery und Astrologie, um nur mal ein paar der Ansätze zu erwähnen.
Jedes dieser Modelle hat seine Berechtigung, erklärt es doch gewisse Phänomene in ausgewählten Systemen. Gemäß Definition ist ein Modell ein vereinfachtes Abbild der Wirklichkeit, und dient dazu, die Anzahl betrachteter Parameter auf ein handhabbares Maß zu reduzieren. Der Vereinfachung zu Liebe wird auf Details verzichtet und man konzentriert sich im Wesentlichen auf die Anwendbarkeit bei der Mehrzahl der Fälle.
Diese immanente Eigenschaft von Modellen führt dazu, dass eher exotische (nicht „normale“) Systeme nicht richtig beschrieben werden. In der Physik kann die Vernachlässigung von Potenzen höherer Ordnung auftretendes Schwingungsverhalten kaschieren, was fatale Folgen haben kann. Andererseits ist die Vorstellung von elektrischem Strom als fließendes Wasser sehr anschaulich und selbst in recht aufwändigen Aufbauten eine gute Visualisierung.
Ob nun im konkreten Fall hilfreich oder im Gegenteil irreführend – jedes Modell hat eben seine Grenzen, kann manche Phänomene in gewissen Systemen vorstellbar machen oder sogar erklären; für andere Phänomene oder Anwendung in ungeeigneten Fällen ist es aber unbrauchbar. Das alleine ist noch keine bahnbrechende Erkenntnis, wäre da nicht der weitverbreitete Antritt der Lehrer, eben diese Modellgrenzen zu ignorieren.
Von ihrem Modell überzeugt – warum auch immer – wenden sie es mit Gewalt auch in Fällen an, die bei sorgfältigem Studium der Prämisse ausgeschlossen werden sollten. Und erhalten natürlich auch dafür (falsche) Ergebnisse, die sie mit dem Brustton der Überzeugung vertreten.
Arbeit mit Modellen ist unvermeidlich, aber äußerste Vorsicht ist gerade auch bei Typologien und Persönlichkeitsmodellen geboten. Aus eigener Erfahrung kann ich alle mir bekannten Modelle in drei Gruppen einteilen. Da sind zum einen die, die auf mich schlichtweg nicht oder nur mit Zugeständnissen anwendbar sind. Zweitens die Kategorisierungen, die mehr oder weniger passen, aber nur einen zu kleinen Ausschnitt meiner Persönlichkeit erfassen und damit der Komplexität nicht gerecht werden. Und drittens dann die für mich geeigneten, die vielleicht sogar über ihre eigene Modellgrenze hinweg Einsichten verschaffen.
Wobei die Zuordnung in diese drei Gruppen ganz individuell ist. Entsprechend gibt es kein besonders gutes oder schlechtes Modell oder gar eines, dass ich jedem empfehlen könnte. Damit bin ich wieder am Anfang dieser Gedanken, es ist leider unvermeidbar, dass man (sofern es einen interessiert) eine Vielzahl von Modellen kennenlernt, sich selbst ein Bild über die Nützlichkeit macht und sie als Kür für den konkreten Anwendungsfall geschickt miteinander kombiniert.
[Andere Blogs: Interdisziplinäre Gedanken, Feingeistiges]
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen