Irgendwie finde ich es drollig, wenn meine Altersgenossen sich Gedanken machen, wie sie die jungen Erwachsenen „abholen“ können. Da kramen sie aus ihrem persönlichen Erfahrungsschatz Begriffe hervor, die für Jugendliche entweder unbekannt sind oder mittlerweile eine andere Bedeutung haben. Dieser Antritt ist ein wenig deplatziert, aber so richtig unpassend wird es beim Verweis auf Tradition.
Tradition hat etwas mit Erhaltung von Werten zu tun, da geht es um die Wiederholung von Riten oder Beibehaltung von Gewohntem. Und genau das ist das Gegenteil von Pubertät. In dieser aufwühlenden Lebensphase geht es darum, Neues zu schaffen, sich gegen die etablierten Abläufe aufzulehnen, einen eigenen und vermeintlich besseren Weg zu gehen. Die Kinder wollen Alternativen erfahren, es anders machen als ihre Vorfahren und sind so betrachtet die leibhaftige Opposition.
Diese Zielgruppe mit dem Verweis auf Althergebrachtes zufrieden zu stellen, die positiven Erfahrungen der Vergangenheit („Vertrauen“) in den Mittelpunkt zu rücken ist damit ganz offensichtlich der falsche Ansatz. Bestärkung in ihrer selbstverordneten Revolution, äußerlich entrüstetes Begleiten des Aufbegehrens und zähneknirschende Akzeptanz der modernen Anforderungen passen da viel eher.
Selbstredend würde Mitgefühl oder allzu leichtes Eingehen auf die Änderungen zu Misstrauen führen: Es ist Teil des Systems, dass Ältere die Jüngeren nicht verstehen können. Der Widerstand gegen die Änderungen muss also für alle Beteiligten erfahrbar sein. Was aber auch inhaltlich seine Berechtigung hat, denn natürlich ist es in der Sache weder sinnvoll, die Evolution durch eine Revolution zu ersetzen, noch jegliche Evolution zu unterbinden.
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