Im Laufe der Jahrhunderte hat es immer wieder Figuren
gegeben, die die Rolle eines Spiegels einnehmen. Seien es Personen wie Till
Eulenspiegel oder auch Victor von Bülow, bekannt als Loriot. Im etwas
erweiterten Sinne würde ich auch Hofnarren in diese Gruppe aufnehmen. Im Kern
geht es darum, dem Umfeld etwas zu demonstrieren, was es eigentlich schon weiß oder wissen
könnte. Sie haben es zwar gewusst, es war ihnen aber nicht bewusst. Nur
ein Buchstabe unterschied, für unseren Kopf aber eine eklatant andere
Situation.
Niemand wird behaupten, dass er bei Loriot etwas lernt, was ihm vorher unbekannt war. Aber er zieht Dinge ins Bewusstsein, die wir dann (selbst ohne merkliche Überzeichnung) als lustig empfinden. Erst im nächsten Moment kommt dann (hoffentlich) die Erkenntnis, dass eigentlich wir es sind, die da vor der Kamera stehen. In irgendeiner verborgenen Ecke unserer Seele juckt es uns vielleicht auch, die horizontale Position eines Bildes herzustellen und das nach unserem Korrekturversuch hereinbrechende Durcheinander mit den entschuldigenden Worten „Das Bild hing schief“ zu kommentieren.
Aber zur Einschätzung unseres Verhaltens, der eigenen Außenwirkung oder eingeschliffenen Gewohnheiten verlangen wir selten nach einem Spiegel. Recht gängig ist im beruflichen Kontext das Einfordern von Feedback, aber schon die aufmerksame Betrachtung des Umfeldes und dessen Reaktion kann wertvolle Informationen liefern. In der Bibel heißt es, dass man den Balken im eigenen Auge nicht sieht, sondern nur den Splitter im Auge des Gegenübers. Mit Spiegel wäre das nicht passiert.
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