Montag, 18. März 2024

Nachhaltigkeit im Interview

Nachhaltigkeit im Interview

Guten Tag!
Guten Tag! Ja?

Wir sind vom Landesrundfunk und möchten uns mit Ihnen über Nachhaltigkeit unterhalten.
Das ist schön, aber ich habe keine Zeit. Naja, wenn es nicht zu lange dauert. Was möchten Sie denn wissen?

Was verstehen Sie unter Nachhaltigkeit?
Bei Nachhaltigkeit denke ich an meine Kindheit. Unsere Familie war schon immer nachhaltig, da wurden keine Lebensmittel weggeworfen, alles aufgegessen. Und wir haben Papier gesammelt und es zur Verwertung gebracht, als es noch keine Container gab. Als Kinder sind wir zu den Nachbarn gegangen und haben Kleidung für Afrika gesammelt. Die haben wir dann in Kisten getan und zugeschaut, wie sie in Laster verladen wurden.

Ist das bei Ihnen heute noch so?
Nein, heute natürlich nicht mehr. Obwohl das mit den Lebensmitteln steckt schon irgendwie in mir drin, da versuche ich immer noch, möglichst wenig in die Mülltonne zu werfen. Aber Papier oder ausgemusterte Kleidung – die bringe ich zu den Sammelstellen und mache mir keine Arbeit mehr damit.

Also viel Recycling. Können Sie sich noch andere Aspekte von Nachhaltigkeit vorstellen?
Im Fernsehen ist oft vom ökologischen Fußabdruck die Rede.

Können Sie das etwas näher erläutern?
Das stelle ich mir vor wie einen riesigen Fuß, der im Matsch seine Form hinterlässt. Man macht einen Schritt und hinter einem sieht man den eingedrückten Boden.

Sehen Sie die Umwelt als matschigen Boden?
Nein, natürlich nicht [lacht]. Das ist nur so ein Bild, das mir durch den Kopf geht, wenn ich von ökologischem Fußabdruck höre. Ich glaube, damit ist gemeint, was wir den folgenden Generationen als Delle im Ökosystem hinterlassen. Ist ja auch vieles, was wir im Laufe der Jahre verändern und verbrauchen.

Vielleicht erst zu den Veränderungen: Können Sie ein paar konkrete Beispiele nennen?
Also zu meiner Kindheit gab es im Winter keine Erdbeeren, der Wein, den mein Vater getrunken hat kam von einem Winzer aus der Pfalz und wurde einmal jährlich auf der Urlaubsfahrt dort geholt. Inzwischen gibt es alle Lebensmittel praktisch jeden Tag im Jahr und alle möglichen Zutaten und Getränke werden um den halben Erdball geflogen.

Könnten Sie sich den vorstellen, hier wieder zurückzugehen, auf diesen Komfort zu verzichten?
Wahrscheinlich fällt das vielen Menschen sehr schwer, die haben sich daran gewöhnt, dass es keinerlei Einschränkungen gibt. Fleisch beispielsweise zu Schleuderpreisen ist nur möglich, weil es Massentierhaltung gibt.

Sehen Sie da einen Widerspruch zu Nachhaltigkeit?
Auf jeden Fall! Nachhaltigkeit hat etwas damit zu tun, dass man seiner Umwelt nicht mehr abverlangt als sie von Natur aus bereitstellen kann. Und wenn man die Tiere so zusammenpfercht, dass sie gerade noch stehen können, dann ist das ganz sicher nicht das Maß, das die Natur uns liefert. Ich denke dann immer an freilaufende Herden oder Almen, auf denen Vieh den Sommer über sein kann.

Damit kommen Sie ja auch auf das Thema Verbrauch.
Unbedingt! Alles was wir nicht verbrauchen ist auch nach uns noch da. Was wir aufbrauchen fehlt unseren Kindern und Kindeskindern. Und jeder Kilometer, den ich zu Fuß oder mit dem Fahrrad zurücklege verbraucht kein Benzin und keinen Strom. Das gilt aber nicht nur für die Fortbewegung.

Wie meinen Sie das?
Beispielsweise können wir energiesparend leben, gut gedämmte Häuser brauchen weniger Heizung. Wir müssen in diesem Punkt viel engagierter vorgehen und es muss mehr geforscht werden, wie wir mit möglichst wenig Energie möglichst viel erreichen können.

Wir hatten vorhin schon das Thema Recycling. Würden Sie das auch hierunter einordnen?
Sie haben Recht. Recycling heißt ja, dass man etwas weiter- oder wiederverwendet. Das spart schon mal Produktionsaufwände und die dafür notwendige Energie. Und auch die Verlängerung von Gebrauchszeiten oder von Lebenszyklen kann deutliche Vorteile bringen. Wer repariert statt wegwirft oder ein Produkt länger als normal verwendet handelt auch im Sinne von Nachhaltigkeit. Es ist oft nicht nötig, ein neues Handy zu kaufen, nur weil es irgendwelche Technik mitbringt, die ich sowieso nicht brauche. Neben viel mehr Forschung ist die Entschleunigung der Lebenszyklen ein Schlüssel für mehr Nachhaltigkeit.

Ein Wort noch zum Gesamtbild. Können Sie sich vorstellen, dass es außer der ökologischen auch noch andere Seiten von Nachhaltigkeit gibt?
Ich habe mal gelesen, dass es drei Seiten gibt. Eine davon ist die ökologische Seite. Wir sprechen über die Umwelt, die Schonung von Ressourcen, die Beachtung von Regenerationszyklen und überhaupt der Orientierung an der Natur. Als zweite Seite wird die ökonomische Seite genannt, da geht es darum langfristiges Wirtschaften unter Berücksichtigung ökologischer und sozialer Aspekte zu erreichen. Und eben diese sozialen Aspekte bilden dann die dritte Seite mit Arbeitsbedingungen und Mitarbeiterrechten.

Wenn Sie Nachhaltigkeit in nur einem Satz beschreiben sollten: Was würden Sie sagen?
Am ehesten trifft vielleicht für alle drei Seiten die Aussage zu: „Heute schon an morgen denken.“ Wenn ich mir Gedanken über die Auswirkungen auf die Zukunft mache, sei es in Sachen Umwelt, sei es bei der langfristigen Wirtschaftlichkeit oder eben dem zukunftsorientierten Umgang mit Mitarbeitern, dann ist der Grundgedanke der Nachhaltigkeit berücksichtigt.

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