Mittwoch, 23. Dezember 2020

Mut

"Also, dass Du Dich das traust.“ Meine Frau war irritiert, ging es doch aus Ihrer Sicht nur um eine Einkaufsfahrt ins nahegelegene Wiesbaden. Aber für Ihre Nachbarin – knapp 80 Jahre alt – eine nicht zu unterschätzende Angelegenheit.

Mutig also einerseits eine Sache der Einschätzung irgendeiner realen oder denkbaren Gefahr. Wie anspruchsvoll ist es im erwähnten Beispiel, mit dem Auto in eine Stadt zu fahren? Die Bewertung hängt nicht nur von der Stadt ab, sondern auch von der eigenen Routine bezüglich Stadtfahrt.

Andererseits hat es etwas mit dem persönlichen Fahrvermögen zu tun, mit der Fähigkeit, mit mehr oder weniger ungewohnten (Verkehrs-)Situationen umzugehen. Wer selbstsicher ist, hat hier klare Vorteile.

Mut ist also eine mehrschichtige Angelegenheit. Was der eine vielleicht sogar an jemand anders als mutig bewundert, ist für diesen eine Standardsituation oder eine Geschichte, die für ihn keinerlei Herausforderung bedeutet oder eine Überwindung erfordert.

Im Idealfall erkennt man eine Gefahr als solche, beschäftigt sich aber mit der Reduzierung des Risikos und kann mit dieser Haltung ins Rennen gehen. Sieht man die Gefahr gar nicht, ist zwar kein Mut erforderlich, aber da die (innere) Beschäftigung mit dem potentiellen Unglück fehlt, könnte es am Ende schiefgehen. Und als dritte Möglichkeit gibt es noch das Erkennen und ignorieren, das ist dann natürlich kein Mut, sondern Dummheit.

[Andere Blogs: Interdisziplinäre GedankenFeingeistiges] 

Montag, 21. Dezember 2020

TAV des Teufels (Staffel 3, Folge 3)

TAV des Teufels (Staffel 3 Folge 3)
Wer mit Technik zu tun hat, Computerprogramme nicht mit der Muttermilch aufgesogen hat, sondern einfach nur bedienen muss, der braucht einen 
TAV (Technischen Anwendungsverantwortlichen). Dieser ist hoffentlich nett und hilfsbereit und gut erreichbar.
Aber vielleicht hat er auch ein alter ego, eine dunkle Seite, in der er sein Wissen und seine Möglichkeiten missbraucht und seinen Mitmenschen das Leben schwer macht. Dann erwacht der 
TAV des Teufels…

(3-3: Weihnachts-Special) Ich will es nicht mehr hören, nicht mehr lesen, nicht mehr wissen. Dieses nervtötende Vorweihnachtsgebrabbel. Alles war toll im letzten Jahr, alle haben ja so überragende Arbeit gemacht und gut, dass wir euch Mitarbeiter haben. Scheiß drauf. Die sollen mir einfach mehr Geld geben, ihre Zeit mit der Sekretärin in der Besenkammer verbringen und mich ansonsten in Frieden lassen. Bei den E-Mails habe ich einen Filter eingestellt, der alles mit „Weihnacht* OR Advent* OR Jahresrück*“ ungelesen in den Papierkorb schiebt. Damit ist jetzt einigermaßen Entspannung. Auch in Logfiles, Themenräumen und auf meinen Netzlaufwerken sorge ich für weihnachtliche Löschung und Ruhe. Letztere wollen doch alle.

Und wir haben uns alle lieb, deshalb auch eine zuckersüß formulierte Mail (würg), die ich bei irgendeiner Beratungsfirma geklaut habe und die jetzt als Standardantwort an alle Bastarde geht, die es nicht lassen können, mir in dieser christlichen Zeit noch Aufträge zu schicken.

Hallo! Versteht ihr denn nicht? Adventszeit. Weihnachtszeit. Zwischen-den-Jahren-Zeit. Neues Jahr. Was soll ich da mit Aufträgen? Meldet euch nächstes Jahr. Oder besser: danach das Jahr. Oder noch besser: Gar nicht mehr.

Ich bin dann mal weg. Bis 2021. Und wenn ihr es gar nicht lassen könnt, dann ist es von mir aus ok, wenn ihr nächstes Jahr wieder meine wöchentlichen Beiträge lest.

[Fortsetzung "TAV des Teufels"]

Mittwoch, 16. Dezember 2020

Partnerschaftlichkeit

Sprechen wir doch mal über den Paartanz. Bewegen sich also zwei Personen, typischerweise unterschiedlichen Geschlechts, voran, typischerweise auf Parkett, zu von außen vorgegebenen Regeln, meist als Tanzfiguren bezeichnet und zu standardisierten Vorgaben in Form einer tanztypischen Musik. Ach ja, und dann wird noch definiert, wer welche Rolle hat, typischerweise führt der Mann; er gibt auch die Abfolge der Figuren vor. Die Frau muss die Blicke auf sich lenken, mitmachen, das heißt sich führen lassen und natürlich posieren; Sie ist das Bild, für das der Herr den Rahmen bietet.

Wer ist wichtiger in diesem Team?
Wann würde man von einem harmonischen Zusammenspiel sprechen?
Was macht den Tanz für das Paar schön?
Was macht es für einen Außenstehenden (Zuschauer) schön?

Und warum stelle ich diese Fragen an Nichttänzer, die in irgendeinem Unternehmen arbeiten und dabei mit dem Begriff der Partnerschaftlichkeit konfrontiert werden?

Montag, 14. Dezember 2020

TAV des Teufels (Staffel 3, Folge 2)

TAV des Teufels (Staffel 3 Folge 2)
Wer mit Technik zu tun hat, Computerprogramme nicht mit der Muttermilch aufgesogen hat, sondern einfach nur bedienen muss, der braucht einen 
TAV (Technischen Anwendungsverantwortlichen). Dieser ist hoffentlich nett und hilfsbereit und gut erreichbar.
Aber vielleicht hat er auch ein alter ego, eine dunkle Seite, in der er sein Wissen und seine Möglichkeiten missbraucht und seinen Mitmenschen das Leben schwer macht. Dann erwacht der 
TAV des Teufels…

(3-2) Wie bitte? Ich soll in irgendwelchen Tabellen mit unendlich vielen Spalten und unverständlichen Beschriftungen Werte von den betreuten Systemen eintragen? Ist eigentlich klar, dass ich mich dafür erst mal damit beschäftigen muss? Dann rumsuchen und Leute anrufen? Das geht ja gar nicht.


Aber je komplexer, desto einfacher wird für mich der Umgang mit dem ungeliebten Auftrag.
Erst mal die Anfrage abhängen lassen. Oft erledigt sie sich von alleine, ist nicht mehr relevant oder wird von anderen Zeitgenossen beantwortet. Kommt es doch zur Mahnung, dann fix darauf verweisen, dass ich den offensichtlichen Compliance-Verstoß erst mal geklärt sehen will. Hier werden ja Grundbedingungen von Datenschutz ausgehebelt und das Need-to-know-Prinzip auf den Kopf gestellt. Wer hat denn eigentlich die Datenhoheit und warum gibt es keine Schnittstelle zum liefernden System?

Bitte wenden Sie sich bei weiteren Fragen an den Informationstreuhänder.

[Fortsetzung "TAV des Teufels"]

Mittwoch, 9. Dezember 2020

Sicherheit

Als jeder noch machen konnte was er wollte. Da war eine Kreissäge ein rundes Ding mit Zähnen dran. Hat man es an eine Welle angeschlossen, konnte man damit Holz sägen. Aufpassen war angesagt, wenn man alle Finger behalten wollte. Zu der Zeit gab es Automobile ohne Knautschzone. Ohne Sicherheitsgurt, Airbag, ABS, ESP, EDS, ASR, Bremsassistent, Gurtstraffer, ALC. Ungeschicklichkeiten hatten schlimme Folgen. Im Laufe der Zeit wurde klar, dass „Aufpassen“ keine Maßnahme gegen Unfälle ist. Dass eben auch in geordnetem Umfeld kleine Fehler zu Katastrophen werden können. Die Geburtsstunde von vorausschauenden Maßnahmen. Konstruktionen, die eine Fehlbedienung ausschließen. Prozesse, die Fehler verzeihen.

Und heute, Jahrzehnte später. Wir haben Unfälle erlebt. Rettungshubschrauber, die Sterbende abtransportierten. Zunehmend aber auch Rennfahrer, die irritiert, aber lebendig aus ihren schrottreifen Autos klettern.

IT-Sicherheit ist auch so ein Thema. Es gibt sie, die Airbags, Sicherheitsgurte, ESPs und all die anderen kleinen Helferlein. Aber sind sie auch eingebaut? Benutzen wir sie oder haben wir den Knopf gedrückt, um sie zu deaktivieren? Vielleicht reicht Aufpassen ja wirklich aus. Und was beim Autofahren der Führerschein, ist in der Bank vielleicht der Arbeitsvertrag mit Verschwiegenheitserklärung. Gewiss gab es auch früher unfallfreie Fahrer. Oder Fahrer, die Unfälle überlebt haben. Aber die Statistik weist uns beim Auto ganz klar den Weg Richtung Ausbau der passiven Sicherheit. Ist es da noch eine Frage, ob wir Datenschutz und Zugriffsberechtigungen und Notfallkonzepte brauchen?


Montag, 7. Dezember 2020

TAV des Teufels (Staffel 3, Folge 1)

TAV des Teufels (Staffel 3 Folge 1)
Wer mit Technik zu tun hat, Computerprogramme nicht mit der Muttermilch aufgesogen hat, sondern einfach nur bedienen muss, der braucht einen 
TAV (Technischen Anwendungsverantwortlichen). Dieser ist hoffentlich nett und hilfsbereit und gut erreichbar.
Aber vielleicht hat er auch ein alter ego, eine dunkle Seite, in der er sein Wissen und seine Möglichkeiten missbraucht und seinen Mitmenschen das Leben schwer macht. Dann erwacht der 
TAV des Teufels…

(3-1) Es ist ein Glück, dass ich mein Wissen auch außerhalb des Unternehmens einsetzen kann. Wie blöd muss man sein, die Überwachungskameras mit Standardpasswort zu schützen. Das kann ich so nicht durchgehen lassen. Erst mal fand ich den Blick durch die Kameras meines Nachbarn noch ganz witzig, aber auf die Dauer ist es dann doch ziemlich langweilig. Lustiger ist aber der Gedanke, was er wohl seiner Frau erzählt, wenn ich auf seine Bildschirme und Backup-Bänder die neuesten Pornos aus dem Internet einspiele. Das muss wohldosiert passieren, ein Blick aus dem Fenster, damit ich abpasse, wenn sie nicht da ist und ich schon mal alles vorbereiten kann. Und dann wieder auf Kamerabild schalte, wenn sie auftaucht. Sobald er kurz danach das Haus verlässt zurück zu den Nacktbildern, versehen mit einem fetten Label „aus Rücksicherung vom…“.

Er hätte sich vorher überlegen sollen, was er macht, bevor er mich blöd bei der Motorwäsche mit Geplapper über Umweltschutz und Grundwasserverschmutzung anmacht.

[Fortsetzung "TAV des Teufels"]

Freitag, 4. Dezember 2020

Innovation

Der zweite Weltkrieg war durch, die Folgen allgegenwärtig. Aufräumen und Wiederaufbau waren angesagt. Wer vorankommen wollte, musste erst mal den (materiellen oder nicht materiellen) Schutt bei Seite schaffen.

Aufschwung, the german wirtschaftswunder. Es gingen Sachen, die vorher undenkbar waren, neue Produkte kamen auf den Markt, moderne Arzneimittel, wirksame Dünger und phantastische Kunststoffe änderten Lebensgewohnheiten.

Nichts zu weit, wir fliegen auf den Mond, bei der Forschung fielen Artikel wie Klebeband, Laser, Rechenautomaten ab. Alle Grenzen der menschlichen Möglichkeiten schienen zu verschwinden. Auch die Kultur erfuhr einen Entwicklungsschub, elektrische Instrumente dominierten die neue Musik, darstellende Kunst lotete die absurdesten Performances aus.

Die Möglichkeiten der Freizeitgestaltung erfuhr eine Wendung, mehr Beschäftigung mit sich selbst – „Trimm Dich!“ – und viel eigene Gestaltung. Jedem sein Hobbykeller mit selbstgebauter Bar. Männer schienen die geborenen Heimwerker, Frauen die Kreativgestalter.

Und so geht es weiter bis heute. Nur dass wir heute auch noch ein Wort dafür haben: Innovation. Alles ist jetzt eine Innovation, jeder interessante Gedanke wird prozessual begleitet, in Medien verbreitet und gefeiert. Man kann nicht einfach nur eine gute Idee haben, nein, sie muss in Thinktanks beratschlagt, von Design Teams bearbeitet und in Hackathons verprobt werden.

Also, das nenne ich wirklich innovativ.
[Dazu passt auch: Ferdinand, oh, Ferdinand]