„Atomkraft – nein Danke“ kam als Slogan auf, als ich gerade mal neun Jahre alt war. Die lächelnde rote Sonne stand nicht nur für die Ablehnung der zivilen Nutzung von Atomenergie; Nein, sie war Symbol für ein Umdenken, das wir heute vielleicht mit dem Begriff Nachhaltigkeit belegen würden. Natürlich wurde ich von den Strömungen mitgerissen, hörte die Argumente und begann, mich mit den dahinter liegenden Sachen zu befassen. Was mich bis in mein Studium der Physik verfolgte und die Notwendigkeit der Distanzierung von umfänglicher Nutzung dieser Technologie immer deutlicher werden ließ.
Unzählige Demonstrationen, Regierungswechsel und viele Jahre gingen ins Land, bis die raue Ablehnung sich in vertragliche Änderungen und den so genannten Atomausstieg manifestierte. Endlich – so schien es – hatte die Vernunft über eine massive Lobby gesiegt. Und begleitet wurde diese Entwicklung durch den Aufbau anderer Ansätze zur Energiegewinnung. Windkraftwerke erlebten einen Boom, hier und da wurden auch Wasser- oder Gezeitenkraftwerke gebaut. Nicht zu vergessen der Ausbau von Photovoltaik, als Park hier und für Privathäuser da.
Doch wie bei allen Veränderungen gab es unverzüglich Gegenbewegungen. Die Endlagerung von Atommüll wird als nur derzeit noch ungelöstes Problem deklariert. Die Windkraftwerke belasten unverhältnismäßig die Landschaft und Flächen mit Photovoltaik vernichten Ackerfläche. Ob diese Argumente stimmen und wie man sie gegeneinander abwiegen muss, das beschäftigt zahlreiche Gutachter und nicht wenige Gerichtshöfe in Deutschland.
Das zähe Ringen der verschiedenen Interessensgruppen und der große Aufwand, der zum Herbeiführen einer Entscheidung getroffen wird, führt zu langwierigen und selten endgültigen Entscheidungen. Es sei denn – wie jüngst geschehen – es kommen neue Entscheidungsfaktoren ins Spiel. Die bisher erzielten Standpunkte und Festlegungen weichen nun plötzlich einer als pragmatisch bezeichneten neuen Ausrichtung.
Die Nachteile der verschiedenen Formen der Energiegewinnung haben sich nicht geändert; doch bei gleichbleibendem Bedarf ist plötzlich Gas als eine bislang als sicher eingeschätzte Energiequelle ausfallgefährdet. Und was liegt da näher als die bisherige Konstellation weiter zu betreiben und den Ausstieg einfach aufzuschieben. Menschlich verständliche Sicht, es ist ja bislang gutgegangen (mal abgesehen von Tschernobyl).
Kurzfristig akzeptabel, aber es fehlt der deutliche Wille, in für uns nun mal ausgesprochen wichtige Forschungsfelder zu investieren. Erdwärme, Wasserstoffgewinnung, Energiespeicherung und –transport sowie eine Vielzahl weiterer Schwerpunkte werden in sträflicher Form vernachlässigt.
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