Montag, 3. Oktober 2022

Gute Nacht für Realisten

Fangen wir mal ganz vorne an. Als wir noch jung waren, Säuglinge eben. Da wurde der Schlaf eingeleitet durch sanftes Schaukeln und vielleicht ein Wiegenlied. Bei kleinen Kindern ging das dann zum Vorlesen aus dem Bilderbuch oder gemeinsamen Beten über. Später eine Gute-Nacht-Geschichte und spätestens mit den Vorboten der Pubertät das Ablegen dieser kindlichen Riten.

Zu Unrecht, denn der gezielten Beschäftigung unseres Gehirns vor dem Wechsel in den Schlafmodus kommt große Bedeutung zu. Wir können zwar nur sehr eingeschränkt beeinflussen, ob wir mehr oder weniger bewusst träumen. Aber wir können durchaus steuern, mit was sich unser Gehirn beschäftigt, während es sich unbeaufsichtigt fühlt.
Ein zu später Stunde intensiv konsumierter Spielfilm im Fernsehen kann bis in den Schlaf nachklingen. Auch ein interessantes Buch oder die Beschäftigung mit einer kniffligen Aufgabe verfolgt uns bis in die Bettstunden. Und mit Übung lässt sich sogar ein Effekt über die Nachtstunden hinaus erzielen. Wie aktiv unser Denkapparat auch in den dunklen Stunden ist, erkennt man an dem oft empfehlenswerten Antritt, „erst mal drüber zu schlafen“.
Damit ergibt sich ein an und für sich bekannter Hebel, um seine Gedankenwelt merklich zu steuern und das Gehirn auch nächtlich für uns arbeiten zu lassen. Sorgen lassen sich bis zu einem gewissen Grad dämpfen, wenn wir während des Einschlafens gezielt positive Impulse setzen. Geben wir unserem Gehirn die Entschlüsselung eines komplexen Gedichts als Nachtaufgabe, kann es sich in der Zeit nicht mit dem Ärger im Büro beschäftigen.

Gute Nacht für Realisten
Quintessenz ist also, dass Gute-Nacht-Geschichten nicht so heißen, weil sie süß und romantisch sind, sondern weil sie ein gutes Mittel für das Management unserer Traumwelt sind. Auch der nüchternste Realist träumt, vielleicht nicht vom endlosen Kuss beim Sonnenuntergang im Kornfeld, aber auch die Beschäftigung mit den Quartalszahlen einer Aktiengesellschaft kann in die Nachtverarbeitung gegeben werden.
Was für uns in den Kindertagen ein probates Mittel war, können wir reaktivieren, kultivieren, optimieren und den gezielten Einsatz trainieren.

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