Fastelovend in Köln oder Fastenacht in Mainz? Hier wie da unterbricht sich der Winter, räuspert ein heiseres Alaaf oder Helau und lässt kostümierte Menschen durch seine kalte Luft – zuweilen sogar Schnee – laufen.
Da sind sie dann, die Jecken, von denen man sicher ist, dass ein bisschen von Ihnen in jedem von uns steckt. Sie sind ein wenig verrückt, albern, machen Sachen, die sie im Alltag nicht machen würden. Das Verstecken im Kostüm schafft eine Distanz zum Alltag, für ein paar Tage wechseln Jecken auch äußerlich erkennbar von der normalen Gegenwart in eine Traumwelt.
Hier treffen Möchtegern-Ärzte auf vorgebliche Köche, gehen Prinzessinnen in ihrer ausgedachten Rolle auf wie andererseits süße Teufelchen oder Cowboys ihre geheimen Wünsche ausleben. Geteilt mit den anderen Jecken ergibt sich ein Kosmos, der sich Außenstehenden nicht erschließt, die nur kopfschüttelnd zusehen oder gar vor dieser fremden Kultur fliehen.
Gegenüber in dieser fünften Jahreszeit aber auch ganz andere zentrale Figuren. In Richtung Süden übernehmen Narren das Kommando, Personen also, die intelligent verpackt Dinge zur Sprache bringen, die sich andere nicht zu thematisieren trauen. Aus der historischen Situation des Hofnarrs erwachsen, doch auch in der heutigen Zeit noch aktuell wie eh und je. Denn wie beim Jecken kann man sicher sein, dass auch der Narr in jedem von uns ein wenig Raum hat.
Wer seine Mitmenschen oder gar Unternehmen beraten soll, der muss auch mal die (möglicherweise unbequeme) Wahrheit sagen. Was er aber nur kann, wenn er Narrenfreiheit genießt. Hier steht die Narrenklufft analog zum Kostüm der Jecken für eine Distanzierung: Die Botschaft mag unangenehm sein, der Vermittler oder Überbringer hat mit ihr aber nichts zu tun.
In diesem Zusammenhang spielt der Spiegel eine wichtige Rolle. Er ist nämlich nicht Teil eines narzisstischen Gebarens, sondern im übertragenen Sinne die Empfehlung, sich selbst zu betrachten. Wer sich an Victor von Bülow (Loriot) erinnert, weiß, wie die Verbindung von sorgfältiger Beobachtung, humoristischer Verpackung und Spiegel-vorhalten aussehen kann.
Und so gibt sich als Zwischenbilanz am Rosenmontag, dass ich im Feiertaumel mit den Jecken auch immer noch ein paar närrische Gedanken unter das lesende Volk mische.
Alaaf un Helau!
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