Montag, 24. Juli 2023

Wir müssen wieder mehr arbeiten

Michael Hüther vom Institut der deutschen Wirtschaft (IW) bringt es auf den Punkt: „Wir müssen wieder mehr arbeiten.“ Ein interessanter Appell, den dieser Manager da von sich gibt.

Wir müssen wieder mehr arbeiten
Nach aktuellen Prognosen wird die Wirtschaft dieses Jahr nicht wachsen, da wird man vom Direktor des IW natürlich erwarten, dass er sich Gedanken macht und Vorschläge unterbreitet, wie man diesem Trend entgegentreten kann. Und wie auf Managerebene üblich wird die geeignete Maßnahme im Wesentlichen im Bereich der Umsetzenden gesucht.

Diese Ebene ist in den letzten Jahren zu immer mehr Produktivität und Effizienz gezwungen worden. Hier scheint es also derzeit eine Schwelle zu geben, die eine weitere Erhöhung schwierig oder (zumindest derzeit) unmöglich macht. Also liegt es nahe, die Arbeitsmenge oder in der praktischen Umsetzung die Arbeitsdauer zu erhöhen.

Der Stagnation im Bereich Wirtschaft steht die Erwartung eines fortlaufend steigenden Wohlstands gegenüber. Das ist ein Spannungsfeld, das entweder durch einen Nachholeffekt der Wirtschaftsleistung oder durch Korrekturen beim Wohlstand (mindestens der Erwartung an seine Entwicklung) aufgelöst werden muss. Ohne Änderungen verschärft sich die Diskrepanz, was zu sozialen Spannungen führt.

Der Mensch ist auf Wachstum und Fortschritt programmiert, was sich entsprechend auch in allen sozialen Strukturen und Gesellschaften wiederfindet. Damit wir unseren Standard halten können, müssen wir nach Überlegungen des Soziologen Hartmut Rosa ein jährliches Wachstum hinbekommen, das aber an seine Grenzen stößt. Entweder gelingt es uns, die Effizienz weiter zu steigern, die Quantität zu erhöhen und damit das BIP zu vergrößern, oder wir brauchen neue Ansätze, wenn wir Unruhen und Aufstände verhindern wollen.

In diesem Zusammenhang schlägt der Soziologe einen Resonanzansatz vor, der sowohl zwischenmenschlich als auch im Umgang mit der Umwelt oder der Politik zu einem Einschwingen führen soll. Es gibt also – betrachtet am Beispiel dieses Ansatzes - noch weitere Wege zur Behebung der aktuellen Fehlstellung.

Selbstverständlich kann man auf bewährte Vorschläge („wir müssen mehr arbeiten“) zurückgreifen, und mit gewisser Wahrscheinlichkeit können diese sogar funktionieren, sofern man sie umgesetzt bekommt. Aber das wirkt nur eine Weile, da die eigentliche Ursache nicht behoben wird. Ohne Frage brauchen wir neue Herangehensweisen, die mit hoher Wahrscheinlichkeit Umstellungen in allen Bereichen unserer Gesellschaft erforderlich machen.

Das erinnert an die Energiediskussion, bei der ein wichtiger Schritt das Energiesparen ist, dann aber zwingend Überlegungen zu alternativen Energiequellen angestellt werden müssen. Und auch hier sind zum Teil recht deutliche Veränderungen unumgänglich, das erleben wir ja derzeit bei den politischen Auseinandersetzungen bezüglich Heizungen.

[Weitere Blogs: Interdisziplinäre GedankenFeingeistiges] 

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