Montag, 7. August 2023

Da kann ich doch nur lachen

Da kann ich doch nur lachenGerade komme ich die Treppe hoch, biege auf den Flur mit meinem Zimmer ein. Noch ein paar Schritte, die 206. Mein Kopf ist schwer, die Beine sind es auch, irgendwo muss der Schlüssel in der Hosentasche vergraben sein. Ich bleibe stehen, mein Blick fällt auf den Boden, aber da ist nichts, ich gehe weiter, immer noch tief in Gedanken versunken.

Was war das eigentlich heute Abend? Die große Überschrift war politische Bildung, gemeinsam haben wir uns einen Film angesehen, der vermutlich das Prädikat wertvoll erhalten hatte. So ist es manchmal, denke ich. Als der Streifen produziert wurde, haben die Kritiker ihn verrissen, inzwischen verreißen die heutigen Kritiker die damaligen Kritiker und loben die einstige Filmkunst. Da kann ich doch nur lachen.

Schlüssel gefunden, die Tür geht auf. Ich stehe im dunklen Zimmer, schließe behutsam die Tür und lasse die Dunkelheit auf mich wirken. Es war eine cineastische Sonderbarkeit, die ich da vorgelegt bekommen habe. Ob man sich über die Vorgänge im Jahr 1939 lustig machen darf, war die Frage, für mich vielleicht eher der Gedanke, aus welcher Perspektive ich diese Frage beantworten soll. Ist die Transformation in die heutige Zeit oder ein Zurückversetzen in die kriegsgebeutelte Historie angemessen? Mit den Augen welcher Nation soll ich das Werk bewerten? Wie waren die Motive für den damaligen Produzenten und Regisseur? Und so weiter. Da vergeht mir das Lachen.

Ich setze mich vorsichtig auf das Bett. In meinem Kopf geht es immer noch um Schauspieler, wobei im Film nicht immer klar war, ob sie eine Figur oder einen Schauspieler spielen. Genauso wenig war erkennbar, ob es nun eine Komödie oder eine Tragödie sein sollte und ob der Antritt darin lag, Kritik zu üben oder Unterhaltung anzubieten. Ich weiß nicht, ob ich darüber lachen kann.

Schuhe aus, Hose auch, dann Hemd und Unterhemd. Die mittlerweile eingeschaltete Stehlampe verbreitet ein mildes Licht, in dem ich zum Badezimmer schlurfe. Mit der Zahnbürste im Mund beschäftigt mich die Frage, ob ich Zuschauer eines großen Kunstwerkes war oder ob es sich lediglich um eine wirre Mischung verschiedener Genres und Szenen handelte. Aber allein durch die Positionierung der Handlung in den Kontext des zweiten Weltkrieges in Kombination mit einem damals renommierten Regisseur wird der Film posthum zu einem wertvollen Zeitzeugnis. Da muss ich schon schmunzeln.

Das Bett ruft, die Zimmertür ist abgeschlossen, das Licht im Badezimmer ausgeschaltet. Während ich in den Schlafanzug schlüpfe ein letzter Gedanke an die vergangenen Stunden. Es war politische Bildung, aber die Menschen, die in diesem Zusammenhang Defizite haben schauen sich diesen Film mit Sicherheit nicht an. Als Zielpublikum die Ü50-Bildungsgesellschaft zu adressieren ist fragwürdig, über diesen liebenswert naiven Antritt sollte ich nur innerlich lächeln.

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