Abstract aus der biblischen Geschichte: Vater hat zwei Söhne. Einer tingelt in der Welt herum, verschwendet seinen Erbteil. Der andere hilft auf dem Hof, rackert sich ab und engagiert sich für die Familie. Als der Weltenbummler sich – inzwischen mittellos – wieder zu Hause blicken lässt wird er aufwändig begrüßt und seine Rückkehr gefeiert.
Botschaft der Geschichte: Auch wenn du Mist baust, kann ein großherziger Mensch dir verzeihen und dich wieder aufnehmen, wenn du Reue zeigst.
Ganz wichtiges Detail: Der Begriff der Reue. Dieser Aspekt wird oft übersehen, ist aber essentiell. Denn genau an dieser Stelle wachsen Situation und Eigeneinschätzung zusammen. Wenn ich mir im Straßenverkehr die Vorfahrt ergaunere, dann sollte ich mich zumindest bei meinem Gegenüber dafür bedanken und mir bewusst machen, dass ich gerade etwas Unrechtes getan habe. Dazu gehört auch, dass ich ein schlechtes Gewissen habe und mir vornehme, eine Wiederholung zu vermeiden.
Denn ansonsten ist der Abenteurer netto der Gewinner, hat er doch Spaß gehabt, während der andere arbeiten musste und er auch noch gefeiert wird, wenn er zurückkommt. Und das hat dann nichts mit Neid oder Eifersucht zu tun, sondern mit der Erkenntnis, dass der Fleißige am Ende der Dumme ist.
Die biblische Geschichte hat aber auch zeitlos aktuellen Alltagsbezug und hat viel mit Erwartungsmanagement zu tun. Wenn ich davon ausgehe, dass mein Sohn tot ist, dann freue ich mich, wenn er unvermittelt auftaucht. Andererseits stufe ich es über kurz oder lang als Selbstverständlichkeit ein, wenn sich eine Person zuverlässig um die Hofarbeit kümmert.
Wer sich jahrzehntelang ohne Murren zu Sondereinsätzen oder Vertretungen einplanen lässt, der muss begründen, wenn er – sozusagen ausnahmsweise – mal nicht zusätzlich einspringt. Im Kontrast wird mit großem Lob bedacht, wer sich hartnäckig gegen alle Extraleistungen wehrt und – ausnahmsweise – doch mal zur Verfügung steht.
Es heißt also aufpassen, nicht ausgenutzt zu werden. Gerade weil wir allzu oft erleben, dass die Herumtreiber und Drückeberger es schaffen, sich geschickt in Szene zu setzen und für gelegentlich geleistete Arbeit auch noch feiern zu lassen. Aber das sind dann eben keine „verlorenen Söhne“, sondern unsoziale Mitmenschen, die den Nachteil für ihr Umfeld oder ihre Kollegen bewusst und billigend in Kauf nehmen.
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