Ach, sagt meine Frau zu mir, vor den Osterferien sind die Müllers doch da und können das Haus versorgen. Alles wie gewohnt, naja, ohne Kinder sind die ja auch wenig gebunden und können hier und da mal einspringen. Das ist keine feste Verabredung, aber so eine Art ungeschriebenes Gesetz. Wer nicht nachweisen kann, dass er keine Zeit hat oder nicht fest verpflichtet ist, der muss bei den anderen helfen. Das ist doch selbstverständlich.
Ist es nicht. Da gibt es zwar die weit verbreitete Erwartung, dass man sich gegenseitig hilft. Und da wird mehr oder weniger explizit schon eine Begründung erwartet, wenn man seine eigenen Vorstellungen hat oder gar die Hilfe ohne akzeptierte Entschuldigung verweigert. Einfach nur nein sagen geht nicht, wer nicht nachweislich mitten im stressigen Arbeitsleben steckt oder von Kindern, Pflege der Eltern oder sozialen Verpflichtungen in Atem gehalten wird muss helfen.
Dieser soziale Druck oder die weitverbreitete Erwartung an die Menschen steht denen gegenüber, die sich von vornherein bitten lassen und nur unter Zwang mithelfen. Dieses Phänomen kennt jeder, der in Vereinen und Gesellschaften Arbeit auf mehrere Schultern verteilen möchte. Da melden sich immer dieselben Freiwilligen, die im Laufe der Zeit immer selbstverständlicher eingeplant werden. Ausnahmsweise Aussetzer bei der gewohnten Beistellleistung müssen sie absurder weise viel besser begründen als die notorischen Drückeberger.
Schlimmer noch: Ihre Arbeit, ihre Zeit und ihre Zuverlässigkeit werden gar nicht mehr wertgeschätzt. Dass sie bis in die Nacht noch beim Aufräumen helfen und am nächsten Morgen schon wieder zum Abtransport mit dem Anhänger auftauchen ist nicht wirklich der Rede wert. So wie man an anderer Stelle die negativen Eigenschaften von Freunden ausblendet („Das meint er nicht böse, Du kennst ihn doch…“), so werden auch die positiven Eigenschaften nicht thematisiert. Was im einen wie im anderen Fall schade ist, weil wir Menschen – so oder so – auf Feedback angewiesen sind.
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