Ich stehe am Ausgang der Regionalbahn, da fällt mein Blick auf ein Schild neben dem Notbremshebel. "Missbrauch strafbar", lese ich. Wenn ich also den Hebel ohne triftigen Grund ziehe, kann es zu einer Strafe kommen. Natürlich nur, wenn sie mich erwischen, denn hier wird ja nicht auf den Missbrauchenden referenziert, sondern auf den Vorgang. Irgendwie ist es zu einem Missbrauch gekommen, das ist potentiell strafbar.
Ab englischer Sprache wird der Ton schärfer. "Misuse will be punished" heißt ja, dass auf den Missbrauch jedenfalls eine Strafe folgt. Ohne Bedingung und nicht nur grundsätzlich denkbar (strafbar), sondern als klare Ankündigung eines zukünftigen Übels, also einer Drohung. Ich stutze, denn auch die Franzosen ("Tout abus sera puni") und die Italiener ("Ogni abus verra punito") schließen sich dieser scharfen Formulierung an.
Ist das ein kultureller Unterschied, sind wir Deutschen an dieser Stelle milder und versuchen uns von vornherein vor dem Verdacht des Polizeistaates zu verwahren? Oder drücken wir uns darum klare Worte zu finden? Oder ist einfach nur die Übersetzung misslungen und es hätte "Misuse punishable", "L' abus est punissable" bzw. "L' abuso e punibile" heißen müssen? Glauben wir gar, dass wir mit Ausländern anders reden, sie härter anfassen müssen?
Noch während ich über die Sprachauswahl nachdenke, mich frage, warum nicht wie bei einer Ikea-Anleitung weitere zwei Dutzend Sprachen angesprochen werden, hält der Zug am Bahnsteig an (ohne strafbewehrte Betätigung der Notbremse), die Tür öffnet sich und ich steige gedankenverloren aus.
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