Montag, 27. Oktober 2025

Erwischt! (Der Porno des Tages)

Zuerst habe ich es ja nicht glauben können. Da bekomme ich eine Nachricht von Linkedin, dass ein Beitrag von mir gesperrt worden wäre. Begründung: Verstoß gegen die Richtlinien bezüglich Nacktheit und sexuelle Aktivität. Nein, dachte ich, das kann ja nicht sein, das ist wieder mal so eine Phishing-Mail, irgendein Betrüger will meine Zugangsdaten ermitteln.

Doch beim Aufruf der offiziellen Seite von Linkedin wird mir tatsächlich die Sperre dargelegt. Ich bin sprachlos, geht es in dem Artikel doch um Selbsteinschätzung und den Umgang mit wechselnder Referenzumgebung – sachlich mit psychologischer Note. Kein Wort zu sexuellen Aktivitäten.

Doch dann fällt der Groschen. Als Illustration habe ich eine Fotomontage veröffentlicht, in der „Die Geburt der Venus“ (Giorgio Vasari, ca. 1556) enthalten war. Und da ist sie: Eine nackte Frau, umringt von einer Vielzahl Männern, Frauen, Nymphen, Engeln und weiteren Phantasiewesen.

Erwischt - Der Porno des Tages

Das kann man schon als Nacktheit bezeichnen, aber die Abbildung eines berühmten Werkes als Begründung für die Sperre eines Artikels heranzuziehen ist recht abenteuerlich und zeigt einen Mangel an Kunstverstand und / oder Allgemeinbildung.

Nach Einspruch meinerseits und Prüfung des Falles wurde die Sperre aufgehoben, man kann den Text nun wieder aufrufen; Zurück bleibt der Eindruck, dass die voreilige Zensur wenig überlegt war. Und dass die Automaten und die dahinterliegende KI vielleicht eine viel schmutzigere Phantasie haben, als wir es uns bisher vorgestellt haben.

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Montag, 20. Oktober 2025

Hier bist du nichts Besonderes

Ein wenig fremd fühlt sich das schon an. Vor ein paar Wochen habe ich mein Abiturzeugnis bekommen, Leistungskurs Physik und eine sehr gute Abschlussnote. Wie mir geht es den anderen Studenten auch, die hier im Hörsaal versammelt sind. Alle in ihrem Fach die Besten, in der Schule die Nase vorn.

Und nun sind die ersten Wochen ins Land gegangen, der Professor pflügt ohne viel Aufhebens im ersten Semester durch den gesamten Stoff der Oberstufe und zusätzlich ein wenig mehr. Ein wenig tiefer, ein wenig vernetzter. Und natürlich in Kombination mit ein paar Nebenfächern.

Die ganzen Topschüler sind auf einmal nichts Besonderes mehr, es sind alles intelligente junge Leute, die mit der Flut neuer Inhalte und der Einstellung auf die neue Lebenssituation kämpfen. Wenige Monate liegen zwischen herausstechender Elite und ums intellektuelle Überleben ringendem Mittelmaß.

Dies ist für viele ein echter Schock. In diesem Sammelbecken gehen nicht die als erste unter, die nicht schwimmen können, sondern die, die sich das Schwimmen nicht (mehr) zutrauen. Wer stets Topnoten erzielt hat, der resigniert viel eher bei der ersten durchgefallenen Klausur als ein Kommilitone, der es gewohnt war, eher mittelmäßig zu sein.

Hier bist du nichts Besonderes
Und heute? Erlebe ich es wieder an anderen Stellen in meinem Leben. Ein gutes Gehalt ist phantastisch, nivelliert sich aber in kurzer Zeit zu einer Art Durchschnitt, wenn ich die Kollegen um mich herum betrachte. Was aus Sicht anderer Zeitgenossen beneidenswert ist, kann man im eigenen Umfeld als mittelmäßig einsortieren.

Oder das Aussehen: Junge Mädchen, die in ihrem Heimatdorf die herausstechende Schönheit waren, sind in der großen Stadt umgeben von  anderer Menschen mit Modelmaßen und Traumfiguren.

Im ersten Moment ist es Ernüchterung, vielleicht auch die Erkenntnis, dass man nicht so besonders ist, wie man bis dahin gemeint hat. Nein, man ist im Leben zunächst mal nicht konkurrenzlos unterwegs. Aber man kann durch die Ausbildung von einzelnen Qualitäten, persönlichen Spezialitäten und Setzen von Schwerpunkten doch eine Nische finden, in der man einzigartig ist. Charakter nennt man das.

Depressiv die Flinte ins Korn zu werfen, weil die anderen schlauer sind, mehr Geld bekommen oder besser aussehen: Das ist eine mögliche Lösung… aber nicht die beste. Übrigens hängen die Ergebnisse der Selbsteinschätzung auch stark von der referenzierten Vergleichsgruppe ab. Wer sein Aussehen als Rentner mit GNTM vergleicht, hat den Frust vorprogrammiert.

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Montag, 13. Oktober 2025

Ein typisches Fernsehkind

Manchmal kann man mit seiner Einschätzung ganz schön falsch liegen. Oder mit einer als sicher geglaubten Aussage weit neben dem Ziel landen. So ging es der Schulärztin, die meinen Bruder Mitte der 1960er Jahre zur Einschulung untersuchte. Ohren, Augen, körperliche und geistige Entwicklung im normalen Bereich, aber: "Ein typisches Fernsehkind."

Ein typisches Fernsehkind
Vor dem Hintergrund der damals laufenden kritischen Diskussion war dies vermutlich als Vorwurf an meine Mutter adressiert. Sie sollte ein schlechtes Gewissen bekommen und sich fragen, ob man den Fernsehkonsum schon sehen konnte. Es sollte sie erschrecken, aufrütteln, den Umgang mit dem Fernsehen neu bedenken lassen.

Allerdings lief dieser eher unspezifische Angriff ins Leere, denn wir hatten keinen Fernseher, spielten als Brüder ganz klassisch mit Bausteinen oder verkleideten uns zu Indianerspielen. Die Zeit vor einer der Flimmerkisten war auf den Besuch von Nachbarn und das gemeinsame Anschauen eines Spiels der Fußballweltmeisterschaft beschränkt. Selbst bei noch so kritischer Betrachtung würde man hieraus keine negativen Auswirkungen ableiten können.

So musste die Ärztin also ihre voreilige Meinung oder sogar gezielte Bosartigkeit zurücknehmen. Peinlich für sie, ein Triumpf für meine Mutter. Voller Freude schlachtete sie auch gegenüber allen Bekannten und Freunden diese Szene aus und rückte die Ärztin nach Leibeskräften in schlechtes Licht.

Fazit: Obacht mit Vermutungen, die man für eine Konfrontation nutzen möchte. Das sollte man schon ein wenig vorbereiten und durch Fragen oder Recherchen sicherstellen, dass man auf festem Boden steht. Hätte die Ärztin vorher die tägliche Fernsehzeit abgefragt und dann - egal ob wirklich erkennbar oder nicht - behauptet, dass sie dies in der Entwicklung des Kindes sehen könnte: Sie hätte erst mal Betroffenheit erzeugen können. Ob die ihr gegenübersitzende Mutter sich das dann detailliert erklären lässt oder nur entsetzt zur Kenntnis nimmt, steht natürlich auf einem anderen Blatt.

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Montag, 6. Oktober 2025

Die Welt ist so einfach

Vor einigen Jahren hatte ich nach Betrachtung eines Vorgangs im geschäftlichen Umfeld eine Idee, wie man den Ablauf besser gestalten könnte. Es lag auf der Hand, einen umständlichen Entscheidungsweg stillzulegen, ein Gremium abzuschaffen und den Workflow zu automatisieren. Technisch gesehen alles ziemlich einfach.

Ich sprach mit meinem Bereichsleiter darüber und erläuterte ihm die einzuleitenden Maßnahmen, notwendigen Änderungen und insbesondere die in Aussicht stehenden Verbesserungen. „Lieber Eckhard“, ließ er mich wissen, „die Welt ist nicht so einfach.“

Die Welt ist nicht so einfach
Das war’s. Wie ein Schulbub war ich abgefertigt worden, hatte ich das deutliche Signal erhalten, dass ich die dahinerliegende Komplexität nicht durchdrungen hatte. Meine einfache Lösung war der Weltlage nicht angemessen. Es war vielleicht weniger eine Kritik an meiner Intelligenz als an meinem Verständnis für die Gesamtsituation. Schwierige Sachen erfordern schwierige Lösungen – basta.

Ich war damals ziemlich geknickt, einerseits, weil ich meine Lösung sehr gut fand, andererseits, weil ich von einer Führungskraft deutlich kritisiert worden war. Indirekt war es ja auch der Hinweis, dass ich mich um meine operative Arbeitsebene kümmern sollte, statt mir strategische Gedanken zu machen.

Heute weiß ich, dass ich Recht hatte und mein damaliger Bereichsleiter verkehrt unterwegs war. Die Welt ist einfach, und wenn sie es mal nicht ist, dann muss man sie als Mensch eben so lange vereinfachen, bis man sie handhaben kann. Wobei in diesem Zusammenhang das Bild des Hand-habens sehr schön illustriert, das dies auf allen Ebenen gilt.

Physiker entwickeln Modelle, erklären wichtige Phänomene durch Vereinfachung. Kinder sind da noch sehr geübt, es ist geradezu ihre Kernkompetenz, sich ihre Welt und ihr Wissen durch Weglassen unwichtiger Aspekte und Beschränkung auf das Wesentliche zu erschließen. Eine Eigenschaft übrigens, die wir an anderer Stelle bei Kindern bewundern, sie ihnen aber gleichzeitig im Laufe der Schulzeit weg-erziehen.

Und doch: So ganz einfach ist es eben doch nicht. Um Situationen zu bearbeiten oder Entscheidungen im Kontext mehr oder weniger deutlicher Vereinfachungen zu treffen gibt es verschiedene Bedingungen.

Die simpelste Voraussetzung ist eine gewisse Kindlichkeit oder Einfältigkeit. Wenn man die Abhängigkeiten nicht kennt, braucht man sich darüber auch keine Gedanken zu machen.

Alternativ kann man zwar einen gewissen Überblick haben, diesen aber bewusst ignorieren; Man könnte es als mutig bezeichnen, jedenfalls aber als experimentierfreudig.

Oder man besitzt die Fähigkeit, Sachverhalte zu zerlegen, sozusagen in ihre Atome aufzuteilen und auf der Basis dieser Analyse dann den Kern zu behandeln.

Für alle drei Typen finden wir schnell prominente Beispiele um uns herum: Donald Trump, der einfach Zölle verhängt; Elon Musk mit seiner Hartnäckigkeit beim Bau von Raketen; Stephen Hawkings, der das Universum populärwissenschaftlich erklärt.

Es geht also. Lieber Burkhard, die Welt ist so einfach.

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