Mittwoch, 19. Mai 2021

Ich bin erschöpft, aber nicht gestresst

Bei genauer Betrachtung kann man Erschöpfung auf drei verschiedene Ursachen zurückführen. Die drei Formen der Beanspruchung (und bei hoher Intensität auch Erschöpfung) sind voneinander weitgehend unabhängig, was ich weiter unten noch erläutere. Gemeinsam haben sie, dass wir jede davon aus purer Bequemlichkeit zu vermeiden versuchen.

Die körperliche Beanspruchung
Diese ist weitläufig bekannt. Nach Außen gut sichtbar bekommen wir rote Wangen, geraten in Schweiß, außer Atem, können nach einer gewissen Zeit einfach nicht mehr. Die Bewegungen werden langsamer, kraftloser, irgendwann streikt die Muskulatur. Eine Ruhephase ist unabdingbar.

Die geistige Beanspruchung
Auch Denken ist anstrengend. Ein gutes Beispiel ist Schachspielen. Wir betrachten die Spielsituation, vergleichen sie mit bekannten oder auswendig gelernten Szenarien, versuchen den Gegner einzuschätzen, entwickeln eine Strategie, wägen Alternativen ab und treffen Entscheidungen. Nach einiger Zeit merken wir, dass die Konzentration nachlässt, dass wir also erschöpft sind und eine (Denk-) Pause brauchen.

Die psychische Beanspruchung
Eigentlich auch bekannt, wird sie selten den Anforderungen an uns zugeordnet. Wenn wir Verantwortung für einen Vorgang übernehmen, eine Zielvorgabe haben, einen Selbstanspruch erfüllen möchten, dann mündet dies in einer psychischen Last. Selbst so unscheinbare Vorgänge wie Alltagsentscheidungen über Einkauf und Kleidung sind indirekt mit einer Verantwortung gekoppelt und fallen damit ebenfalls in diese Rubrik. Was durchaus normal ist, sich aber je nach Randbedingungen in Belastung und Überlastung steigern kann. Im Gegensatz zu den geistigen und körperlichen Überforderungen sind seelische Überlastungen weniger offensichtlich, die Außenwirkung und Krankheitsbilder sind vielfältig.

Sowohl geistige als auch psychische Lasten können zusätzlich körperliche Auswirkungen haben. Ich erinnere mich, dass ich nach meinen ersten Fahrstunden nassgeschwitzt war. Und wer Sorgen hat, der kann meist schlecht schlafen und ist tendenziell körperlich geschwächt.

Und noch eine Besonderheit: Während ich mich bei Sport bis zur völligen Erschöpfung „auspowern“ kann (was manche Menschen als angenehm empfinden) und auch die gedankliche Konzentration am Rande der verfügbaren Denkleistung für gewisse Zeitgenossen befriedigend sein mag, ist mir (bei normalen Menschen) keine freiwillige und genussvolle seelische Überlastung bekannt. Vielmehr sprechen wir hier von Stress, ein Begriff, der grundsätzlich negativ belegt ist.

Fazit
Wer die Herausforderung sucht, tut dies besser in Sport und oder Denksport. Gerne auch im Wechsel von Arbeit und Freizeit. Und schafft so – das ist ja landläufig bekannt – einen Ausgleich für den „Stress“ (also die psychische Anstrengung) auf der Arbeit.

Abschließender Hinweis
Gemäß der oben erwähnten Bequemlichkeit wollen wir uns naturgemäß wenig bewegen, wenig anstrengend denken und möglichst wenig seelische Last schultern müssen. Aber nicht jede Anstrengung ist gleich eine Überlastung, und nicht jede psychische Aufgabe ist gleich Stress – vielmehr erhält stetes Training die Fitness.

Andere Blogs: Interdisziplinäre GedankenFeingeistiges]

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