Ich sitze auf dem Balkon mit Blick auf den Garten, Dämmerung, gesättigt vom Abendessen und ein Glas alkoholischen Getränkes in der Hand. Mein Geist kommt zur Ruhe, die Gedanken sammeln sich zu einem Fackelzug durch die Berge und Täler meiner Denkwelt. Mit ruhigem Schritt gehe ich voran, habe mich vorhin an die Spitze des Zuges begeben.
Noch mal ein kleiner Schluck, sehr tief atme ich ein, halte einen Moment die Luft an und pumpe nun den gesamten Atem langsam und bewusst wieder zurück in den lauwarmen Frühling. Es ist Pfingstmontag und in Gedenken an die Ereignisse vor vielen Jahrhunderten frage ich mich nach dem Geist, der seinerzeit herabgekommen ist. Dieser Geist möge doch bitte auch zu mir kommen, was verbirgt sich dahinter: Vielleicht eine Art Gespenst, vor dem ich Angst haben sollte oder ist doch eher eine (Geistes-)Haltung gemeint, eine Einstellung, die ich mir zu eigen machen kann und soll? Zumal es ja auch nicht irgendein Geist ist, nein, es ist der Geist Gottes.
Ganz ehrfürchtig halte ich inne. Dieses große Wort, in dieser oder abgewandelter Form Menschen rund um unseren Globus bekannt, meist mit Personen, Figuren und Bildern verknüpft. Ein weiterer Schluck, denn mein Geist (also meine Gedanken) braucht noch einmal Nahrung, sich mit diesen Zusammenhängen zu beschäftigen. Jetzt erscheint es mir doch ziemlich klar, dass ich einen Grundgedanken verstehen soll, be-herzigen soll.
Mittlerweile ist die Dämmerung einer nächtlichen Dunkelheit gewichen. Der Geist des Weines hat mich fest in seine Arme genommen, mit freundlichem Zwinkern reicht er mir die Hand, eine Art Bergführer, der mir bei der Wanderung mit meinen Gedanken zur Seite steht. Auch er ein Geist, diesmal im Sinne von Essenz, dem Wesentlichen und Charakteristischen. Wenn ich es so interpretiere ist der Geist Gottes also die auf den Punkt gebrachte Botschaft. Nur: Welche ist es, wie soll ich sie unter all den vorgeschobenen Bildern, den falschen Auslegungen und zeremoniellen Verbrämungen finden?
Noch vor dem nächsten Nippen am Glas klingelt mein Telefon, ein Freund ruft an, gerade ist er aus seinem Garten zurückgekommen, in dem er den ganzen Tag Sommerblumen gesetzt hat. Ach, denke ich, was er alles schafft, wie schön er mit seinen Händen die kleine Parzelle gestaltet und sowohl den Pflanzen als auch sich selbst zur Freude macht. Und weiter denke ich daran, dass auch die Leistung von Kain und Abel laut Überlieferung gegen den göttlichen Auftrag gemessen wurde, und egal ob es damals um Ackerbau und Viehzucht ging, zentraler Punkt war und ist das gebrachte Opfer. Ist es da nicht naheliegend, dass es das Erschaffen und die Pflege sind, die Gottes Geist entsprechen.Und so endet der Abend mit ein paar aufmunternden Worten zu meinem Freund, ich wünsche ihm, dass er morgen keinen allzu heftigen Muskelkater von der Gartenarbeit hat und verspreche, dass ich mir sein Machwerk in den nächsten Tagen anschauen komme.
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