Zum Jahreswechsel fand ich einen Text, den
ich vor einem Jahr [2023] geschrieben habe. Nun ist erstens das Thema Vertrauen
zeitlos, und zweitens geht der eigentliche Impuls, sich damit zu beschäftigen
auf ein Buch aus dem Jahr 1987 zurück. Ich danke meinem Freund Jürgen Hampe,
dass er mich zu den folgenden Gedanken inspiriert hat.
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Niklas Luhmann, Soziale Systeme (1987) S. 181.:
==========================Vertrauen kann weder verlangt noch vorgeschrieben werden.Es hat den sozialen Wert von Vertrauen nur, wenn es die Möglichkeit des Misstrauens sieht - und abweist;Ferner ist gerade hier wichtig: Man fängt mit kleinen Risiken an und baut auf Bewährungen auf;und es erleichtert die Vertrauensgewähr, wenn sie auf beiden Seiten erforderlich wird, so dass das Vertrauen des einen am Vertrauen des anderen Halt finden kann.(…) und daraus wieder die Kraft zu verstärkender, riskanterer Reproduktion finden kann.
Vertrauen hängt ja vom Begriff her mit trauen zusammen, das kennen wir
einerseits im Sinne von Friedfertigkeitsvermutung, andererseits von
Verbindungen (z. B. Trauung / Ehe). Wem wir trauen, bei dem gehen wir von Rechtschaffenheit bzw. Erwartungserfüllung als Gegenteil von
Hinterhältigkeit bzw. (Erwartungs-)Enttäuschung aus.
Vertrauen ist
andererseits aber auch die Berücksichtigung von (positiven) Erfahrungen. Je öfter etwas
funktioniert hat, eine Kommunikation oder ein Verhalten in meinem Sinne problemlos
verlaufen ist, desto stärker wächst meine Erwartung, dass dies auch in Zukunft
so weitergeht. Folglich kann man Vertrauen weder erzwingen noch einfordern, es
muss per constructionem wachsen.
In manchen
Modellen wird Glaubwürdigkeit als
Grundlage für Vertrauen genannt, das reicht allerdings aus meiner Sicht nicht.
Neben Charakter und Kompetenz spielt die persönliche
Erfahrung eine entscheidende Rolle.
Dann noch die
Frage, ob Kontrolle das Gegenteil
von Vertrauen ist. Das würde stimmen, wenn Kontrolle (neutraler Begriff) mit Misstrauen (negativ besetzt)
gleichgesetzt wird. Sieht man Kontrolle als Teilung der Verantwortung, dann ist sie durchaus mit Vertrauen kompatibel.
Schließlich kann
man es mit dem Vertrauen auch übertreiben: Dann kippt sie in Naivität (hier kommt wieder der
zeitliche bzw. Erfahrungsanteil ins Spiel) oder Einfältigkeit (im Sinne mangelndes Verständnis oder gar Dummheit).
Vielmehr ist auch Vertrauen (vom Vertrauenden) regelmäßig in Frage zu stellen,
andererseits vom Vertrauten auch immer wieder zu beweisen.
Aus technischer
Sicht ist der Begriff des Vertrauens nicht besetzt. Computer vertrauen keiner Gegenseite (auch wenn das manchmal so
formuliert wird), sie kennen keine Erwartungshaltung und kein Wachstum an
Vertraulichkeit.
In genau dieses
Spannungsfeld geraten wir durch die zunehmende Technisierung von Alltag und Berufsleben. Haben wir in uns immanent
menschliche Elemente wie Vertrauen, sind wir andererseits in der New Work von vollständig
vertrauensfreien Komponenten umgeben.
[Weitere Blogs: Interdisziplinäre Gedanken, Feingeistiges]
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