Der amerikanische Traum: „Vom Tellerwäscher zum Millionär“. Das ist einerseits eine Wunschvorstellung, andererseits aber auch ein Auftrag oder besser noch: eine Aufforderung. Es steckt gleich auch noch die Botschaft drin, dass man es schaffen kann. Nicht nur als grundsätzlich mögliche und denkbare Option, sondern als Potential, das in jedem steckt und das verwirklicht werden kann.
Das ist vom Grundsatz her falsch. Nicht in jedem von uns steckt ein verborgener Millionär. Und die Verwirklichung dieser Vorstellung scheitert auch nicht nur am Willen und der Durchsetzungsbereitschaft. Neben den Randbedingungen, einem günstigen Timing, ein wenig Glück sind auch diverse Charaktereigenschaften unabdingbare Grundlagen. Und am Ende kann man auch die Frage stellen, ob ein Millionär a priori glücklicher ist als ein Tellerwäscher.
Werfen wir aber gleich auch noch einen Blick auf die Sport-Variante des amerikanischen Traums. Die könnte vielleicht „Vom Spargeltarzan zum Olympiasieger“ lauten. Jeder Couchhocker kann durch Training, Coaching und die richtige Ernährung bis an die Spitze der Sportler aufsteigen. Oder zumindest an vorderer Front mitmischen.
Leider ist auch das vom Grundsatz her falsch. Nicht in jedem von uns steckt ein verborgener Sportler. Und die Verwirklichung der Körperbildung scheitert auch nicht nur am Willen und dem Engagement. Einerseits gibt es eine körperliche Grundausstattung, die man in die Wiege gelegt bekommen hat. Wir wissen, dass es verschiedene Körpertypen gibt, die auch verschieden auf Training reagieren. Die Natur stattet die Menschen schlaksig, athletisch oder behäbig aus und jeder Typ hat seine Daseinsberechtigung; nur ist ein Wechsel dazwischen nicht möglich.
Und andererseits hat unser Körper eine Art Gedächtnis. Wer als Kind schon auf dem Fahrrad bergauf und bergab zum Einkaufen geschickt wurde, der hat selbst nach jahrzehntelanger Pause die notwendige Beinmuskulatur innerhalb kurzer Zeit wieder zur Verfügung. Umgekehrt ist aber bei diesem grundsätzlich sportlichen Menschen vielleicht der Aufbau des Gleichgewichtssinnes und der Gelenkigkeit auch mit intensivem Training nicht zu erreichen. Das ist dann einem Menschen vorbehalten, der schon als Jugendlicher im Turnverein war.
Das Verfolgen von Zielen ist für viele Menschen elementar wichtig, sei es in finanzieller, sei es in sportlicher Hinsicht. Aber in beiden Fällen darf man nicht aus den Augen verlieren, dass eben dieses Ziel individuell und realistisch sein muss. Sonst ist die Enttäuschung vorprogrammiert, führt zur Unzufriedenheit mit der eigenen vielleicht gar nicht so schlechten Leistung und am Ende zu ernst zu nehmenden Ausprägungen von Depressionen.
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