Raus aus der Hütte, Wanderschuhe schon an, die ersten Schritte noch ein wenig unbeholfen, aber: Der Berg ruft. Ich schaue hinauf, ganz schön hoch liegt er da in weiter Ferne, kaum kann ich seinen Gipfel erkennen. Ein recht breiter Weg führt von der Hütte an einer Wiese entlang und in weitem Bogen gemächlich bergauf.
Eine Weile später schaue ich zurück, sehe den Weg hinter mir, ganz dort hinten ist noch ein kleines Zipfelchen der Hütte zu erkennen, weit weg jetzt. Der Berg ist nicht so recht näher gekommen, die Höhen scheinen sich eher vor mir her zu bewegen. Ich betrachte meine Schuhe, sehe den allmählich geröllig werdenden Weg und setze meine Wanderung fort.
Nach der Mittagspause habe ich mich schon deutlich fortbewegt. Langsam beginne ich meine Beine zu spüren, der geringe aber stetige Anstieg hinterlässt auch in meiner Muskulatur gewisse Spuren. Aber tapfer geht es weiter, gegen Nachmittag ist mein Ziel schon in erreichbare Nähe gerückt. Ich freue mich, drehe mich noch einmal um und sehe dort unten, tief unter mir die Hütte liegen.
Mit strammem Schritt nehme ich den Kampf gegen die absehbar hereinbrechende Dunkelheit auf und erreiche tatsächlich, wenn auch recht erschöpft, die Berghütte. Pünktlich zum Untergehen der Sonne lasse ich meinen Blick stolz über die Täler um mich herum schweifen. Voller Freude über das erreichte Ziel lasse ich mich auf die Pritsche fallen, ziehe Mahlzeit und Wasser aus dem Rucksack und lege die Beine hoch.
Es war eine anstrengende Etappe, aber das Ergebnis war die Strapaze wert.
Am nächsten Morgen wird es unruhig. Um die Hütte herum höre ich Leute laufen, dick eingemummelt in ihre Jacken trampeln sie auf der Aussichtsplattform herum, erläutern sich mit rechthaberischen Worten die Namen der umliegenden Berge und saugen an ihren Flaschen mit Energydrinks. Wofür sie die brauchen, nachdem sie nur etwa 100 Meter von der Gondel bis zur Hütte gelaufen sind bleibt mir unklar.
Es ist ein Kommen und Gehen, kaum sind ein paar Personen gegangen, kommen wieder neue, die Bergbahn schüttet unermüdlich wie ein Förderband immer wieder neue Menschen in meine Idylle. Sie sind an der Stelle, an der ich auch bin, können identisch diesen Ausblick genießen, aber sie haben keine Anstrengung im Vorfeld gehabt. Und so bleibt ihnen das Glücksgefühl vorenthalten, sich etwas erarbeitet, ja, verdient zu haben.
Spontan grüble ich, ob sie es nicht richtig machen. Ist es doch so viel leichter, wenn es ausschließlich auf das Ergebnis ankommt. Wieso sich herumquälen, wenn man es auch komfortabel haben kann? Dennoch bleibt das Gefühl, dass ich nicht nur den Geldbeutel geschont, etwas für meinen Körper getan, sondern auch eine innere Zufriedenheit mit meiner persönlich erreichten Leistung erreicht habe.
Ach ja, und dieses verdiente Gefühl, selbst etwas geschafft zu haben, das rette ich mir nach dem Abstieg ins Tal auch in den Alltag. Irgendeinen schlauen Algorithmus meine Texte schreiben zu lassen, einen Automatismus zu nutzen, der mir meine Arbeit vom Schreibtisch nimmt und wie die berühmten Heinzelmännchen alles ohne mein Zutun erledigt – das ist ein Traum… aber noch nicht einmal ein besonders schöner.
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