Gewohnheiten sind etwas Feines. Man braucht nicht über sie nachzudenken oder sie bewusst befolgen. Alles läuft automatisch ab. Bis zu dem Moment, in dem eine Gewohnheit nicht in der üblichen Form ablaufen kann, insbesondere, wenn sie mit einer andere Gewohnheit in Konflikt gerät.
Auf dem morgendlichen Weg durch das Bürogebäude biege ich bei der Cafeteria ab, hole mir einen Kaffee und setze meinen Marsch in Richtung Arbeitsplatz fort. Ein Teil dieses Weges führt mich auch eine Treppe hinunter, wobei ich meine Hand auf dem Handlauf entlanggleiten lasse. Das ist eigentlich kein Problem, aber in der Hand habe ich schon die Kaffeetasse. Und da ich der hierzulande üblichen Orientierung folge bleibe ich auf der rechten Seite der Treppe.
Hier konkurrieren also gleich drei Gewohnheiten miteinander. Da ist die Kaffeetasse, die normalerweise in der rechten Hand gehalten wird. Dann das ungeschriebene Gesetz, dass man als Fußgänger auf der rechten Seite der Treppe unterwegs zu sein hat. Drittens die Vorgabe, dass man eine Hand am Handlauf platziert.
Was aufgeben? Die Tasse in die linke Hand? Das fühlt sich merkwürdig wackelig an, mit erhöhter Wahrscheinlichkeit schlabbert der Kaffee auf den Boden. Oder auf der linken Seite die Treppe hinunter, überraschte oder gar böse Blicke der Kollegen eingeschlossen. Oder auf die Sicherheit des Handlaufes verzichten und ohne Option zum kurzfristigen Festhalten den Stufen folgen.
Nun, zum einen könnte man auswählen, welche der Varianten man für geeignet hält, vielleicht sogar je nach Tag und Uhrzeit. Oder einen anderen Weg nehmen, auf dem es keine Treppe gibt. Oder den Kaffee in einer anderen Cafeteria – näher am Arbeitsplatz – holen. Oder den Kaffee von jemand anders holen lassen, oder ihn in ein verschließbares Gefäß umfüllen, das dann in die Arbeitstasche kommt.
Die kleine Geschichte rund um das koffeinhaltige Heißgetränk soll Verschiedenes vor Augen führen. Manchmal muss man eine Gewohnheit über Bord werfen, alles andere ist dogmatisch. Aber vielleicht gibt es auch eine ganz andere Lösung, bei der die Gewohnheiten gar nicht in Konkurrenz geraten. Ob diese Alternative ein gangbarer Weg ist, kann man ja im Einzelfall noch mal betrachten, aber wichtig ist, dass man überlegt, ob es solch eine Alternative gibt.
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