Freitag, 31. Januar 2020

Ich brauche den Kick

Geschafft! Nach unzähligen Gesprächen, vielen Anläufen und einigen Hindernissen ist unser Unternehmen vor einigen Jahren fusioniert, auch die Zentralbanken sind unter einem Dach. Diese neue Situation ist nach aller Skepsis - haben wir nicht alle heimlich die Luft angehalten, ob es diesmal klappt - nun auch in unserem Alltag angekommen. Arbeit, Gespräche - ja, selbst Betriebsfeiern - werden bestimmt von dem Zusammenwachsen.

Wer Veränderung als Chance sieht - wie begleitende Berater es immer wieder kolportieren - der hat es gut. Aber Veränderung ist nun mal nicht nur Chance, sie ist auch Risiko - mal groß, mal klein - und für alle Kollegen, die ihr gewohntes Umfeld lieb gewonnen haben alles andere als erwünscht. Da kommen Ängste auf, da ist die Konstanz der eigenen Welt - "mein" Unternehmen als Arbeitgeber, die bisherige Tätigkeit, die Freundschaft zu anderen Mitarbeitern - in Gefahr.

Nein, widersprach mir ein Kollege, und erläuterte - zu meiner Verblüffung: Er sehe Jobwechsel als Kick. Die Neuorientierung als Herausforderung und - sozusagen als Kontrast zur Kontinuität - Ergänzung zu seinen aufregenden Sportarten wie Downhill und Strömungstauchen. Ohne dies wäre sein Leben langweilig, Stillstand - so seine Meinung - sei Rückschritt, wer ertrüge heute noch Fernsehformate wie „Der große Preis“. 

Da ist schon was dran, Veränderungen sind - für die Entwicklung jedes Einzelnen wie auch eines Unternehmens, wie auch einer Volkswirtschaft - notwendige Prozesse. Unsere gemeinsame Aufgabe besteht aus meiner Sicht in der Balance zwischen der Schaffung eines sicheren Rahmens - den wir auch als solchen erkennen - und einer klugen Gestaltung. 

Jedenfalls müssen wir unsere individuell unterschiedliche Risikoneigung respektieren und - typisch Mensch - unsere Lebenserfahrung ins Spiel bringen. Denn - wie habe ich es im Surfkurs gelernt? - der Wind ist dein Freund. Du kannst ihn nicht aufhalten, also nutze ihn zu deiner eigenen Fortbewegung.

Dienstag, 28. Januar 2020

Der Glaube ans Management-Dashboard


Beim Autofahren schalte ich gelegentlich mein Smartphone ein und beobachte auf dem Bildschirm den Verlauf der aktuellen Höhe. Wenn ich der Grafik glaube, kann mein VW New Beetle fliegen. Von Zeit zu Zeit springt die Höhenanzeige um zig Meter hoch oder runter. Aus eigener Beobachtung kann ich sagen, dass das einfach nicht stimmt. Der Wagen fährt kontrolliert auf seinen vier Reifen über die Autobahn, hüpft nicht, tunnelt nicht.
Die Sprünge in der Darstellung leiten sich schlichtweg aus den Messgrößen ab. Und die sind – im Falle der GPS-Daten – abhängig von der Erreichbarkeit der Satelliten. Ist einer weniger erreichbar, kann die Messgenauigkeit erheblich leiden oder sogar zu Fehlberechnungen führen.

Ähnlich sieht es im Management-Dashboard aus. Aus mehr oder weniger stabilen Sensoren (Zulieferungen) werden Kenngrößen berechnet. Wie die am Ende beobachtete Kennzahl oder Ampel abgeleitet wurde, liegt für den Betrachter weitgehend im Dunkeln. Auch die Lieferqualität, eventuelle Ausfälle in den Lieferdaten etc. sind nicht erkennbar. Kann man die Darstellung nicht gegen die Realität prüfen oder zumindest plausibilisieren, so kommt fast unausweichlich Unsinn heraus.

Ein weiterer Unsicherheitsfaktor ist die Unkenntnis der hinterliegenden Algorithmen. Selbst kleine Programmierfehler, vielleicht aus mangelndem Verständnis von Datenbankabfragen, können zum Verhängnis werden. Berücksichtigt die Ergebnisgröße beispielsweise nur vollständige Datensätzen, können Verkaufszahlen mangels Eingabe der Empfänger-Postleitzahl aus dem Report herausfallen und ihn damit völlig verfälschen.

Häufig beobachte ich auch, dass Steuerungsgrößen eine absurde Scheingenauigkeit aufweisen. Es ist eine unrealistische Vorstellung, die Präzision von Zeiterfassung zu steigern, indem man von Tages- auf Stundereporting umstellt. Und es ist naiv zu erwarten, dass alle Mitarbeiter ihre Arbeitszeit komplett in den Dienst des Unternehmens stellen und exakt den unterschiedlichen Aufgaben zuordnen können. Vielmehr ist ein sehr grobes Schema, das Platz für ein wenig Mogeln lässt, ein guter Kompromiss für die Steuerung

Und am Ende erkennt man, dass Kennzahlen stets nur einen Hinweis auf eine Entwicklung darstellen. Sie ersetzen keine eigenen Beobachtungen und ersetzen auch nicht den ehrlichen Austausch mit den Beteiligten.

Samstag, 25. Januar 2020

Gartenpflege (02/2015)

Diese Glosse ist unserem Gärtner gewidmet. Und allen Kollegen, die einen grünen Daumen haben. Und allen Anwendungsbetreuern.

Gerade hat es angefangen zu regnen. Ich schaue durch die regennasse Scheibe in den Garten. 15 Jahre ist er alt. Damals habe ich Pflanzen gekauft, arrangiert und eingesetzt. Eine kleine Stützmauer, Säulen mit Figuren und Rankgitter kamen dazu. Danach ging es darum, die wachsenden Grünpflanzen zu versorgen, zu düngen und zu schneiden. Die Rankgitter anzustreichen, die Stützmauer zu entmoosen, die Säulen zu anzulegen.

Überhaupt: Langsam nimmt die Dauerpflege so viel Zeit in Anspruch, dass ich nicht mehr zum weiteren Ausbau komme. Rückschnitt, Rasenpflege und Spritzen gehen schon lange nicht mehr nebenher. Um neue Ideen zu verwirklichen fehlt schlicht die Zeit.

Büro-Innengrün? Dem Gärtner geht’s genauso. Jede neue Pflanze muss ja auch gegossen, gedüngt und geschnitten werden.

Bank-IT? Auch die Anwendungsbetreuer kennen dieses Phänomen. Jedes neue Computerprogramm muss von Fehlern bereinigt, vor Viren geschützt und irgendwann aktualisiert werden.
Und nicht zuletzt: Unkraut. Es wächst viel schneller als jede liebevoll gesetzte Pflanze. In der Bank sind das die kleinen Excel-Programme, die erst mal für den Eigenbedarf geschrieben wurden. Die dann auch der Kollege nutzt und die irgendwann zu einer Stütze der Abteilung werden.

Was also tun: Mehr Personal? Weniger Pflege? Mehr Vorschriften? Ganz ehrlich: Ich weiß es nicht, und wahrscheinlich gibt es auch gar keine Musterlösung. Aber die brauchen wir auch nicht, wir müssen nur zusehen, dass es uns nicht geht wie Schneewittchen: Rosendschungel, eine Mannschaft von sieben Zwergen und ein Berater, der uns wachküsst. Stattdessen muss jeder in seinem Bereich schauen, dass wir Herr der Lage bleiben.

Sonntag, 19. Januar 2020

Ich - mache es - einfach (02/2018)


Ich mache es einfach.
Zu meiner Zeit an der Uni gab es im Nachbarflur eine Baustelle, alle Besucher und Studenten mussten durch den gemeinsamen Eingang und trugen dabei den Baustellendreck auch in unseren Trakt. Wir organisierten ein Stück Teppichboden als Fußabtreter und alle Akademiker versammelten sich, um zu diskutieren und zu beratschlagen, wie und wo man den Bodenbelag platzieren sollte. Nach einiger Zeit wurde es mir zu bunt. Ich nahm den Teppichboden, rollte ihn in der Mitte aus und siehe da: Alle waren zufrieden.

Ich mache es einfach.
Machen kann man viel: Sei es, ein Konzept zu erstellen oder es anschließend umzusetzen. So wird bei der klassischen Projektarbeit eine Aufgabe meist in verschiedene Schritte zerlegt. Wie der Begriff „Schritte“ schon andeutet, haben wir es mit einem Voranschreiten zu tun. Und auch im Begriff des agilen„Vorgehens“ steckt eine Fortbewegung.
Das Gegenteil ist Stillstand. Ein Thema kommt nicht weiter, weil nur Bedenken ausgetauscht oder Besprechungsrunden etabliert werden. Auch diese Elemente haben grundsätzlich ihre Berechtigung und gehören dazu. Aber sie dürfen nicht im Mittelpunkt stehen.

Ich mache es einfach.
Schauen wir uns zum Schluss den Aspekt der Einfachheit von zwei Seiten aus an. Keep it simple, stupid! Das KISS-Prinzip hält dazu an, anstelle aufgebauschter Darstellungen oder Lösungen lieber einen schlanken Weg zu verfolgen.
„Einfach“ bedeutet aber auch loszulegen ohne den Anspruch, über jede mögliche Verzweigung des weiteren Verlaufes gegrübelt oder debattiert zu haben. Oder anders ausgedrückt: Einfach mal Initiative zeigen.

Sonntag, 12. Januar 2020

So oder anders (03/2017)

Denken wir uns ein mittelständisches Unternehmen. Vor einigen Wochen ist ein junger Mitarbeiter neu ins Haus gekommen und hat seine Lehrzeit begonnen. Heute wird er dem Unternehmensleiter vorgestellt und von diesem durch die Büroräume geführt. Die beiden gehen über den Flur, auf dem Boden liegt eine Büroklammer. Was jetzt passiert:

Alternative 1: Da der Azubi nicht reagiert, ranzt der Chef ihn an: „Junger Mann, auch Kleinigkeiten haben ihren Wert. Dieses Unternehmen konnte ich nur zu seiner Größe führen, indem ich mich auch mal nach einer Büroklammer gebückt habe.“

Alternative 2: Der Azubi bückt sich, um die Büroklammer aufzuheben. Kommentar vom Obersten: „Sie müssen noch lernen, zwischen Wichtigem und Unwichtigem zu unterscheiden. Hätte ich meine Zeit damit vertan, jede Büroklammer aufzuheben, wäre das Unternehmen nicht da, wo es heute ist.“

Fazit 1: Es gibt meist nicht DIE richtige Entscheidung. Vielmehr kommt es auf die Perspektive oder den Maßstab an. Je nachdem, was man zugrunde legt (hier: Wertschätzung von Kleinigkeiten vs. Effizienz) kommt man zu einer anderen Bewertung.

Fazit 2: Man neigt oft dazu, seine eigene Vorstellung als die (einzig) Richtige einzustufen. Wer eine andere Meinung vertritt, ist entweder blöd oder übersieht irgendwelche Aspekte. Die kleine Geschichte zeigt aber, dass ein abweichendes Urteil auch aus sachlich richtigen Gründen zustande kommen kann.

Fazit 3: Für das richtige Verhalten bzw. akzeptierte Entscheidungen muss man die Werte seines Gegenübers kennen. Je besser man dessen Grundeinstellung antizipieren kann, desto leichter kann man die aus seiner Sicht korrekte Entscheidung vorhersehen.

Fazit 4: Man kann es nicht jedem Recht machen.

Seinen Standpunkt vertreten, verlaufen, verjoggen. (03/2016)

Joggen kommt für mich nicht in Frage. Allein dieses einsame Platschen über den feuchten Waldboden und den harten Straßenbelag weckt bei mir unangenehme Erinnerungen an den Sportunterricht meiner Schulzeit – ein Trauma. Und damit ist es für mich eine klare Entscheidung: Joggen und ich, das sind unvereinbare Welten.

Naja, oder sagen wir mal: Das war meine klare Entscheidung. Denn vor kurzem stellte ich fest, dass ich durch diese Sportart mit recht überschaubarem Zeitaufwand meine Kondition bewahren kann. Und da niemand da ist, der sich mit mir unterhält, haben meine Gedanken mal Gelegenheit, sich frei bewegen zu können. Obendrein bin ich an der frischen Luft und überhaupt: Nieselregen ist erfrischend.

Für mich war das eine ganz neue Sicht. Was ich bis dato abgelehnt und auch jedem joggenden Mitmenschen freimütig mitgeteilt hatte, war nun ein durchaus attraktiver Freizeitspaß geworden. In anderem Licht betrachtet, kam eine komplett veränderte Wertung und schließlich die entgegengesetzte Entscheidung heraus.

In der Psychologie spricht man von Reframing und meint damit die Umdeutung einer Situation, die Neubewertung unter verändertem Blickwinkel oder Berücksichtigung eines anderen Kontextes. Eine negativ belegte Einstellung kann sich in einen von innen kommenden positiven Impuls wandeln. Besonders ausgeprägt ist dieser Umschwung, wenn man sich zuvor in seine Meinung verrannt hat. Dann hilft oft der Anstoß eines Mitmenschen: „Sieh‘ es doch mal so…“.

Ich weiß nicht, ob es vielen Kolleginnen und Kollegen in der Bank ähnlich geht, aber ich ertappe mich immer wieder dabei, dass ich meine Meinung ändern muss, wenn ich eine Sachlage aus anderer Perspektive betrachte. Und mit einer gewissen Größe darf man diesen – alles andere als willkürlichen - Umschwung zugeben und auch ansprechen. Vielleicht nimmt man seine Mitstreiter bei der Gelegenheit mit auf eine Reise in eine Welt mit noch breiterem Horizont, was letztlich allen zu Gute kommt.

Riedstadt-Goddelau (03/2013)

Auf meinem morgendlichen Weg durch den Bahnhof dringt durch den Wirrwarr von Geräuschen auch die Informationsansage an meine Ohren. Eine Stimme ohne erkennbare Herkunft nennt alle möglichen Anschlussmöglichkeiten, die mich nicht interessieren.

Doch halt! Zwischen all dem akustischen Ballast sticht doch ein Fahrziel heraus: Riedstadt-Goddelau. Der Ortsname klingt so lustig, dass ich an dieser Stelle der Ansage immer aufmerke. Dann komme ich ins Grübeln, wie es dort wohl aussieht. Bis ich in der Bank angekommen bin entsteht vor meinem geistigen Auge ein Kleinod des hessischen Ried. Hat mich dann die Arbeit wieder, ist der Traum schnell zu Ende.

Neulich im Auto war der Traum aber plötzlich wieder da. Ein Wegweiser nach Riedstadt. Und in meinem Kopf die Bahnhofstimme ("Sie haben Anschluss an eine S7 nach Riedstadt-Goddelau um 8:20 von Gleis 3").

Verdutzt registrierte meine Familie, dass ich die geplante Route verlies und Richtung Goddelau abbog. "Ja", sage ich, "ja, ich bin einfach neugierig und möchte mir den Ort mal selber anschauen.“
Irgendwie war es schön, ein wenig ernüchternd vielleicht, aber seitdem sind die Bilder in meinem Kopf den Eindrücken jenes Urlaubstages gewichen. Und nun sitze ich wieder im Büro und frage mich, ob es nicht auch an ganz vielen anderen Stellen diese Bilder im Kopf gibt, die man durch reales Kennenlernen und Erfahren ersetzen kann und sollte. Von wievielen Kolleginnen und Kollegen kenne ich nur die Telefonstimme und ihre E-Mails, habe sie aber nie kennengelernt. Wie interessant könnte da ein Treffen sein. Ob nun bei einem Kaffee, einem gemeinsamen Mittagessen oder durch Workshops ganzer Gruppen, die oft miteinander zu tun haben: Der persönliche Kontakt ist spannend und macht vieles leichter.

In gewissem Sinne ist Riedstadt-Goddelau halt überall. Einfach ausprobieren und unseren Slogan (Zusammen geht mehr) auf dem ersten Wort betonen.

Freitag, 10. Januar 2020

Immer wieder freitags (02/2008)

Entschuldigung, diesmal wird es erst mal ein wenig technisch.
Im Internet-Zeitalter werden Bilder, Texte, Musik und Filme in digitaler Form, also mit Nullen und Einsen, beschrieben. Zum Versand werden die Ansammlungen von Aus (0) und An (1) zu Zahlenkolonnen verdichtet und daraus Pakete zusammengestellt. Beim Empfänger werden diese Pakete in der richtigen Reihenfolge zusammengebaut und ergeben dann wieder die ursprünglichen Bilder oder was auch immer.

Das ist ein ganz schön kompliziertes System, funktioniert aber Dank geschickter Steuerung und Sicherheitssysteme ziemlich zuverlässig.
Bei der Arbeit in unserem Unternehmen ist das ähnlich: jeder Vorgang setzt sich aus vielen Dokumenten zusammen. Excel-Berechnung, Powerpoint-Folien und Text. Das Ganze wird in diversen E-Mails an Kollegen verschickt. Diese bauen die Pakete gedanklich wieder zusammen, bearbeiten sie und schicken das Ergebnis zurück oder an andere weiter.

Auch das ist ein ganz schön kompliziertes System und funktioniert mangels geschickter Steuerung dummerweise nicht immer besonders zuverlässig.
Da bleibt hier mal ein Paket liegen, dort geht eines verloren, die Zustellung zum richtigen Adressaten schlägt fehl. Plötzlich ist der ursprüngliche Absender gefordert. Er schickt Erinnerungen und fragt nach, wo sein Paket zuletzt gesehen wurde. Oder er ändert die Empfänger und fragt sich, wie er vielleicht ohne diese Antwort weiterarbeiten kann.

Deshalb habe ich jeden Freitag meinen Fundbüro-Tag. Ich gehe die versendeten E-Mails der letzten Woche durch und schaue, welche ohne Reaktion geblieben sind. Eine ungeliebte und eigentlich auch vermeidbare Arbeit. Nur ist sie leider notwendig, weil manche Mitstreiter ohne Wiederholung nicht reagieren. Dann denke ich immer, dass es nicht nur höflich, sondern arbeitstechnisch notwendig ist, auf E-Mails oder Anrufe zu antworten.

Willkommen im digitalen Zeitalter: Paketverluste sollten der Vergangenheit angehören!

Sparen (01/2009)

Vor einiger Zeit habe ich Veränderung in meine langweilig-altmodische Ehe gebracht. Schluss mit dem planlosen Vorgehen, statt dessen gibt es ein Haushaltsbudget mit Budgetverantwortlichem (meiner Frau). Und die Arbeiten und Dienstleistungen in Haus, Bett und Garten sind jetzt als Services definiert. Natürlich mit SLA.

Das ging alles ganz prima. Im Zuge der allgemeinen Sparmaßnahmen habe ich dann vor zwei Jahren das Budget um 10 Prozent gekürzt. Abgesehen von einigen spitzen Bemerkungen ging es weiter wie gewohnt. Bei Einkäufen wurden jetzt Sonderangebote genutzt, anstelle der Putzkraft übernahm meine Frau die Reinigung. Ein bisschen weniger Freizeit, aber nicht für mich, gut gemacht!

Letztes Jahr habe ich das einfach wiederholt, insgesamt 20 Prozent Kürzung, das lohnt sich dann schon. Meine Frau durchdachte daraufhin unsere Verabredungen und passte ihre Leistungen ein wenig an. Broteabende ersetzten die warmen Abendessen, die Tischdekoration bestand fortan aus Kunstblumen und ein Hausputz pro Woche musste reichen. Alles in allem war ich trotzdem anständig versorgt und konnte das Geld sparen, gut gemacht!

Dieses Jahr habe ich mich nicht getraut, weitere 10 Prozent zu kürzen, aber was zweimal geht, geht auch nochmal, deshalb insgesamt ein Viertel. Die Gegenwehr fiel sehr verhalten aus, jedenfalls merkte ich praktisch keine Veränderung. Hatte ich etwa zu wenig gekürzt? Sicher, die Einkaufslisten für die „schweren Sachen“ wurden immer länger und die Leidenschaft meiner Frau, zum Essen mit mir auszugehen nahm sprunghaft zu. Auch führten wir jetzt regelmäßig Diskussionen, was eigentlich zum Haushaltsbudget gehört. Doch die Einsparung war das schon wert, gut gemacht!

Gestern habe ich mal Bilanz über die Jahre über die Jahre gezogen und dabei neben dem Haushaltsbudget auch mein Einkaufsbudget, das Freizeitbudget und mein Taschengeld einbezogen. Schockierende Erkenntnis: In Summe ist es über die Jahre nicht billiger geworden. Was ich links spare, gebe ich rechts mehr aus. Und die Qualität ist auch noch schlechter, wirklich gut gemacht?

Fragen über Fragen (03/2009)



Wer weiß, wohin Kaffeetassen wollen (siehe Bild)?
Wer hängt komische Zettel mit Smileys in die Kaffeeküche?
Wie geht es unserem Unternehmen heute?
Steht für IT ein Outsourcing an?
Woran ist die Fusion tatsächlich gescheitert?
Schlägt das Genossenherz in Düsseldorf?
Reicht die längste Theke der Welt von Düsseldorf bis Frankfurt?
Gibt es Menschen, die sowohl Pils als auch Ebbelwoi trinken?
Are we family?
Verstehen wir unsere Produkte?
Kennen wir unsere Kunden?
Ist es wie bei Harry und Sally: IT und Fachbereich können einfach nicht nur Freunde sein?
Was unterscheidet uns von Lehmann Brs?
Ist die Krise schon weitgehend überwunden?
Haben wir noch Leichen im Verbundkeller?
Wissen das unsere Volksbanken?
Habe ich das Geld, das ich bekomme heute schon verdient?
Wo lässt sich noch etwas sparen?
Welche Prozesse können wir noch verschlanken?
Wer traut sich, die Tabuthemen zu Sparpotentialen anzusprechen?
Gibt es ein Endlager für gebrauchte Verbesserungsvorschläge?
Wer kennt die Zahl der Arbeitskreise und Taskforces in seinem Bereich?
War ich heute schon tatkräftig?
Haben wir Propheten im eigenen Land, auf die wir nicht hören?
Wieviele Kollegen können einen fehlerfreien Satz in einer E-Mail eintippen?
Haben wir das Vertrauen, von dem wir behaupten, dass wir es haben sollten?
Wo verläuft die Grenze zwischen Vertrauen und Naivität?
Verstehen wir alle dasselbe unter Integrität?
Wie umständlich muss Kommunikation laufen, damit sie politisch korrekt ist?
Wieviel Politik braucht eine Entscheidung?
Sind Zielvereinbarungen ein Geldverteilungs¬Mechanismus oder ein Führungsinstrument?
Stehen meine Führungskräfte hinter mir?
Die Erde ist freundlich, warum wir eigentlich nicht?
Was kostet ein Lächeln?
Wer braucht schon Lob?
Sind Meckerzettel am Kopierer eine Lösung?
Gibt es gute Laune nur bei Sonnenschein?
Was gibt es heute in der Kantine?
Ist das Schreiben einer Glosse die Kernkompetenz eines IT-Angestellten?
Brauchen wir jemand, der nur Fragen stellt?
Wollen wir überhaupt darüber nachdenken?

Navigation (01/2010)

Am vergangenen Wochenende saß ich in meinem Auto und lauschte den Worten von Josephine (das ist mein Navigationsgerät). Nach ausführlichen Recherchen und dem Lesen unzähliger Testberichte habe ich sie vor einigen Jahren gekauft und fahre seither entspannt wie nie zuvor. Gerade im Dschungel der Städte weiß sie stets wo wir sind und wie wir auf kurzem Weg ans Ziel kommen. Auf dem Land kennt sie sich auch aus und mal abgesehen vom Klassiker (Empfehlung, die Route durch den Wald zu nehmen, was ins Unterholz geführt hätte) hilft sie mir bestens durch die Welt.
Dabei ist sie von Natur aus nur ein Stück Hardware und braucht aktuelles Kartenmaterial, um sich orientieren zu können. Und wenn ich sie dann einschalte kann sie mich auch nur lotsen, wenn ich ihr mein Ziel verrate.

Warum erzähle ich das alles?
Ein wenig geht es uns im Unternehmen wie mir mit meiner geliebten Beifahrerin. Führung ohne vorher klare und eindeutige Zieleingabe ist nicht möglich. Hier sind alle Führungspersonen gefordert, in der Linie wie in Vorhaben.
Zudem muss das Kartenmaterial stimmen. Wie soll man Entscheidungen treffen, wenn man überhaupt nicht weiß, wo man ist, welche möglichen Alternativen es gibt und welche davon die optimale Wahl ist. Dies ist die Aufgabe der Spezialisten, die sich in der Vielzahl der Anwendungen, Produkte und Prozesse auskennen.
Und der Geführte? Er folgt der Navigation, auch wenn er vielleicht nur einen Teil des Weges überschaut und nur das Ziel vor Augen hat. Aber Mitdenken ist notwendig, sonst landet er sozusagen im Wald.

Zum Schluss noch das Beste. Josephine ist auch dann geduldig, wenn ich mal eine Abfahrt verpasse oder eine Straße gesperrt ist. Nie ist sie beleidigt, wenn ich zuerst meine Frau nach der Wegbeschreibung gefragt habe und das aus ihrer Sicht politisch unkorrekt war.
Es gibt noch viele weitere bedenkenswerte Parallelen, und ich finde, in jedem von uns sollte ein klein bisschen Josephine stecken.

Hol- oder Bringschuld (03/2010)

Sagt meine Frau neulich zu mir: „Wenn Du in den Keller gehst, BRINGST Du dann bitte die Kartoffeln fürs Abendessen mit hoch?“. Ein klarer Fall von Bringschuld, denn nach dem Einkauf habe ja schließlich ich die Kartoffeln in den Keller getragen. Da ist es nichts mehr als Recht, wenn ich sie jetzt wieder hochschleppe.
Kurz vor dem Abendessen dann: „HOLST Du den Wein aus dem Kühlschrank?“. Das ist Holschuld, schließlich wollen wir beide gekühlten Wein genießen.

Heißt für das Leben abseits von Essen und Trinken: Ob ich mir die Strategie abhole oder sie mir gebracht wird ist letztlich egal, Hauptsache es gibt sie, sie ist verständlich und ich kann sie bei meiner Tätigkeit berücksichtigen.
Schließlich: Für die Übersetzung in die tägliche Arbeit brauche ich möglicherweise Unterstützung, wobei hier wiederum egal ist, wer diese leistet.

Donnerstag, 2. Januar 2020

Fahrstuhlfahren für Wieder-Einsteiger (1/2012)

Fahren Sie auch so gerne Aufzug? Am liebsten nehme ich den Expressaufzug im Westendturm, direkt vom 38. OG hinunter in die Tiefe des Erdgeschosses. Allein dieses Kribbeln und der Druck auf den Ohren, wenn es immer schneller runter geht. Und am Ende dann ein sanftes Abbremsen, versüßt durch die liebevolle Stockwerksansage. Das ist Bunjee-Jumping für Anfänger. Überhaupt wundert es mich, dass es hierzu noch keine Betriebssportgruppe gibt: Fahrstuhlfahren für Wieder-Einsteiger.

Beim Alleinefahren kann man das Schwebegefühl so richtig genießen. Oder raten, wie die Person aussah, die dieses aufdringliche Parfum aufgelegt hatte. Dann gibt es endlich auch die Informationen und Gespräche, die es schlichtweg nur in der Enge einer Aufzugskabine geben kann. Ein schneller Blick auf die Unterlagen einer Mitreisenden; ein Ohr am neusten Klatsch.

Wenn es richtig gut läuft, bleibt der Fahrstuhl irgendwo stecken. Dann sind es nur Augenblicke, bis persönliche Gespräche einsetzen und intimste Gedanken ausgetauscht werden.

Morgens trifft man die ferngesteuerten Kaffee-Junkies. Wie von einer fremden Macht gelenkt laufen sie hinter ihrer dampfenden Kaffeetasse her. Ich hoffe immer, dass die Tasse den Weg zum Arbeitsplatz kennt.
Mittags dann: Eine fröhlich schnatternde Schar, die nur ein Ziel vor Augen hat, nämlich vor den anderen in der Kantine zu sein. Nachmittag: angespannte Stimmung, ordnerbeladen, entscheidungsschwanger.
Schließlich – tata! – die Heimfahrt. Alle schauen gebannt auf den Boden, wie damals beim Klassenlehrer („Wer zeigt mir das mal an der Tafel?“), nur keine Aufmerksamkeit erregen, damit der Fahrstuhl nicht merkt, dass ich ohne Zwischenhalt runter will. Wenn das Erdgeschoss in greifbarer Nähe ist: ausatmen, wieder hoch schauen (den anderen geht es genauso – das ist eine typische Auswirkung der Schwarmintelligenz).

Angekommen – morgen geht es weiter!